«Mer gönd is Vorderland, well mer au emol wönd z'vorerscht see»
Bei einer der vielzähligen Vorbereitungssitzungen im Keller des neuen Urnäscher Gemeindepalast wurden die Ratsherren darauf angesprochen, warum die Narrengemeinde erst nach sechs Jahren ins Vorderland käme. Eine erste Antwort lieferte Kirchenpfleger «Güggel Ruedi» und meinte vielsagend, fast predigend und mit den Händen in den Schoss gelegt: «Es ist ein bisschen wie mit dem Ferien im Welschland: andere Sprache, andere Sitten und einfach auch weit weg von der eigenen Stube. Bis jetzt haben wir die Kirche im Dorf gelassen aber nun wagen wir etwas, ganz im Stile unserer regierungsrätlicher Vorbilder mit ihrer mutigen Energiestrategie oder auch den wahnwitzigen Fusionsplänen. Diesen Spirit wollen wir aufnehmen und unter unseren Schafen weitertragen.» Ganz nach dem Motto: «Mer gönd is Vorderland, well mer au emol wönd z'vorerscht see.»
Sportmagister Holme Jock, der während der ganzen Vorbesprechung in aller Seelenruhe, seine geliebte Toko-Schürze tragend, an einem dunklen Tisch in der Ecke steht und die Langlaufskibindungen für den nächsten Engadiner Skimarathon am Zentrieren, beziehungsweise auf die nächst höhere Gewichtsklasse am Einstellen ist, ergänzt mit Pathos: «Wir Hinter- und Mittelländer müssen unsere Denkart gegenüber dem Vorderland endlich grundlegend hinterfragen. Wenn nicht jetzt – wann dann? Es kann nicht sein, dass wir nur dem Zentralismus frönen, im Hinterland Gemeindepaläste in die Höhe ziehen und den Arbeitsweg für ein Mittglied des Regierungsrates als höchstes Wahlargument gewichten. Und als nächstes sollen dann Kohäsionsbeiträge von Herisau nach Heiden fliessen, einfach dem schlechten Gewissen wegen? Wenn wir es nun nicht schaffen, Leben in die Region zu bringen, wird das Vorderland politisch veröden. Wir sehen uns da als nicht weniger, wie die Humus-Spender samt Dünger für künftige politische Gewächse des Vorderlandes und versuchen, damit den blinden Fleck unserer Regierung auszugleichen. Wenigstens so viel muss uns das Vorderland einfach wert sein.».
Dieser flammende Appell löste bei den restlichen Mitgliedern der Narrengemeinde spontan stehende Ovationen aus und man konnte erkennen, wie sich der Hauptmann beim Säckelmeister ein ungebrauchtes Öko-Papiertaschentuch ausleihen musste, um die Tränen der Rührung aus dem Gesicht abzuwischen.