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Berneck
08.12.2020

Südamerikanischer Wein aus Berneck

Bei Schmid-Wetli wird Wein aus der Malbec-Traube im Amaronestil ausgebaut (Bild: Ulrike Huber)
Bei Schmid-Wetli wird Wein aus der Malbec-Traube im Amaronestil ausgebaut (Bild: Ulrike Huber) Bild: Ulrike Huber
Malbec – ein alte französische Rotweinsorte, die heute hauptsächlich in Südamerika angebaut wird, hat ihren Weg zu den Bernecker Winzern vom Weingut Schmid-Wetli gefunden.

Ein fast lilaschwarzer Wein, ein Wein mit fruchtiger Würze, mit typischen Pflaumen- und Tabaknoten, Anklängen an Blaubeeren, Lorbeer, Wacholder, Gewürze, Kirschen oder Bitterschokolade. Das ist ein Malbec. In der Schweiz gut bekannt als jene Weinsorte, die in den letzten Jahren von Südamerika, hauptsächlich Argentinien, aus ihren Siegeszug begonnen hat.

Matthias Wetli (li.) und Bruder Kaspar Wetli präsentieren ihren Appenzeller Malbec, eine ganz spezielle Rarität (Bild: Ulrike Huber) Bild: Ulrike Huber

Mit viel Sonne und wenig Niederschlag

Ursprünglich eine alte französische Weinsorte, sind die ersten Malbec-Rebstöcke offiziell 1853 nach Argentinien gekommen. Im warmen, trockenen Andenklima mit viel Sonne und wenig Niederschlag hat diese Traube perfekte Bedingungen gefunden, die Beeren können vollständig ausreifen und ihr ganzes Aromapotential entfalten. Doch was auch grossen Weinliebhabern kaum bekannt ist: Der Malbec wird auch in der Schweiz angebaut und gekeltert. Auf insgesamt nur 13.5 ha. Und 3´000 m2 davon befinden sich in einem kleinen Rebberg im ausserrhodischen Wienacht-Tobel, wo sie vom grössten Bernecker Winzerbetrieb Schmid Wetli betreut werden.

«Die Bedingungen bei uns tun diesem Wein gut»

«Eigentlich braucht der Malbec die gleichen Gegebenheiten wie der Pinot Noir», gibt Matthias Wetli, einer von drei Juniorchefs bei Schmid-Wetli Weine gerne Auskunft, «er wird bei uns schön reif. In Südfrankreich und in Argentinien ist zwar ein ganz anderer Wasserhaushalt mit viel weniger Wasser und einer gezielt gesteuerten Bewässerung, aber auch die Bedingungen bei uns scheinen diesem Wein sehr gutzutun.» Tatsächlich ziehen in unseren Breitengraden diese Rebstöcke und Trauben immer noch Wasser, auch wenn sie schon voll im Saft sind. «Die Beeren werden dann immer grösser und erreichen beinahe Kirschgrösse, da gibt es dann viel mehr Flüssigkeit im Verhältnis zu Schale und Kern.» Weshalb Matthias Wetli und seine Brüder die Idee hatten, ihren Malbec im Amaronestil auszubauen.

Der Malbec aus Berneck ist ein lange lagerfähiger Wein (Bild: zVg) Bild: zVg

Jede Traube wird selektioniert

«Das heisst, dass wir die Trauben nach der Ernte zuerst trocknen lassen und erst dann pressen. Wobei jede Traube selektioniert wird. So kommen wir auf 200 bis 300 Gramm Ertrag pro m2 und können letztlich pro Jahr nur 500 Flaschen abfüllen. Dazu vinifizieren wir diesen edlen Tropfen achtzehn Monate im Barriquefass.» Wozu die Bernecker Winzer Fässer aus appenzellischer Eiche verwenden, die in direkter Nachbarschaft bei der Küferei Thurnheer hergestellt werden. Das Ergebnis dieses gigantischen Aufwands ist ein absolut geniales Endprodukt. Ein für lange Zeit lagerfähiger Rotwein voller Gehalt und Tiefe, mit wunderbar kräftigem Beerengeschmack. Matthias Wetli: «Eine Rarität aus dem Appenzellerland, verfeinert und ausgebaut im Rheintal.»

Schmid-Wetli bietet im Verkaufs- und Degustationsshop in Berneck eine reiche Auswahl an Rheintaler Weinen (Bild: Ulrike Huber) Bild: Ulrike Huber

Grösster Winzerbetrieb des Rheintals

Das Weingut Schmid-Wetli, dessen Rebberge weit überwiegend im Rheintal liegen, stellt den grössten Winzerbetrieb des Rheintals. Auf 17 ha werden Rot- und Weissweine angebaut. Mit zehn vollbeschäftigen Mitarbeitern und acht regionalen Rebfrauen werden sechzehn verschiedene Weinsorten gekeltert. Von Pinot Noir bis Riesling-Sylvaner. Dazu werden noch Trauben zugekauft und für Dritte im Lohn gekeltert. Das Unternehmen kann auf eine reiche Geschichte zurückblicken und wurde bereits 1860 von Samuel Thurnheer gegründet. Sein Schwiegersohn Jakob Schmid gründete eine wahre Dynastie, seine Nachfolger trugen alle den Namen Jakob Schmid. 1974 kam Kaspar Wetli von Männedorf nach Berneck. Er absolvierte sein zweites Lehrjahr bei Jakob Schmid auf dem Betrieb. Nach seinen Wanderjahren und abgeschlossenem Studium an der HTL Önologie in Wädenswil, übernahm er wiederum bei Jakob Schmid die Führung von Weinberg und Keller. 1984 heiratete er Susanne Bicker und zog vier Söhne, Kaspar jun., Matthias, Florian und Adrian gross. Kaspar jun. übernahm nach dem Önologiestudium die ganze Weinproduktion des Weinguts. 2013 stiess Matthias nach abgeschlossener Ausbildung zum Weinbautechniker in das Unternehmen und kümmert sich seitdem um die Kundenpflege im Aussendienst und den Verkauf. 2018 stieg Florian in den Betrieb ein und übernahm einen Teil des Backoffice und des Marketings.

  • In Barriquefässern der benachbarten Küferei Thurnheer wird der Malbec ausgebaut (Bild: zVg) Bild: zVg
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  • Die Trauben aus Wienacht-Tobel werden in Berneck verarbeitet (Bild: Ulrike Huber) Bild: Ulrike Huber
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  • Die Rebsorte Malbec ist eine Traube, die heutzutage hauptsächlich in Argentinien und Chile angebaut wird (Bild: zVg) Bild: zVg
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«Wir wollten die Übernahme des Appenzeller Weins»

Wobei gerade die Rückkehr von Matthias in den elterlichen Betrieb mit dem appenzellischen Malbec zu tun hatte. Denn Matthias arbeitete nach dem Studium 2010 in Südamerika, wo er diese Rebsorte bestens kennenlernte. Dann war er bei einem Familienweingut in der Westschweiz beschäftigt. 2013 ergab sich kurzfristig die Gelegenheit, dass Schmid-Wetli das Weingut von Felix Lutz in Wienacht-Tobel übernehmen könne, da die Nachkommen von Lutz den Betrieb nicht wollten. Da musste Matthias sofort zurückkommen. «Wir wollten damals die Übernahme, da der einzige Appenzeller Winzerbetrieb perfekt in unser Sortiment und unser Marketing passte. Zum diesem Zeitpunkt waren die Malbec-Rebstöcke etwa zwölf Jahre alt. Und Felix Lutz hatte sie jeweils im Stahltank zu einem frischen, fruchtigen Wein ausgebaut. Doch mein Bruder und ich wollten etwas anderes. Und so kamen wir auf die Idee mit dem Ausbau im Amaronestil.»

Flaschen nur auf Vorbestellung erhältlich

Eine absolut richtige Entscheidung. Denn die 69 Franken teuren Flaschen des Appenzeller Malbec können beinahe nur auf Vorbestellung gekauft werden. Reduktiv ausgebaut, ist dieser Wein im Naturkeller oder im Weinschrank leicht zehn bis fünfzehn Jahre lagerfähig. Derzeit ist noch keine einzige abgefüllte Flasche käuflich. Denn die Jahrgänge 2013 bis 2015 sind alle schon weg. «Und 2017 sind uns alle Trauben erfroren. Aber dafür wird der 2018-er ein Wahnsinnsjahrgang», lacht Matthias Wetli und serviert ein gerade aus dem Barriquefass gezogenes Glas dieses Weinwunders. «Der Jahrgang ist noch im Fass, entwickelt sich immer noch, wir warten bis er seinen Höhepunkt erreicht, normal nach zwölf bis 18 Monaten, aber bei so viel Kraft im Wein warten wir noch zu. Wahrscheinlich nach der Weinlese und noch vor Weihnachten werden wir den 18-er Jahrgang in Flaschen abfüllen, dann folgt noch eine Flaschenlagerung von bis zu drei Jahren. Das gibt dann einen Wein wie vom anderen Stern!»

gmh/uh
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