In mehreren St.Galler Gemeinden wurden in den vergangenen Monaten kommunale Initiativen lanciert, die einen Mindestabstand zwischen Windenergieanlagen und Siedlungen festschreiben sollen. Davon betroffen sind unter anderem Wattwil, Au, Sevelen und Wartau.
Als erste Gemeinde stimmten die Stimmbürger von Au am 9. Februar 2025 einer entsprechenden Abstandsinitiative zu. Die Initiative verlangte einen Mindestabstand von 500 Metern zwischen Windenergieanlagen und dem nächstgelegenen bewohnten Gebäude.
Nach dem Ja der Bevölkerung passte der Gemeinderat von Au das kommunale Baureglement an und leitete dieses zur Vorprüfung an das kantonale Amt für Raumplanung und Geoinformation weiter.
Kanton stellt fehlende Rechtsgrundlage fest
Obwohl die Initiative vorgängig als zulässig beurteilt worden war, kommt das Amt für Raumplanung und Geoinformation nun zum Schluss, dass es auf kantonaler Ebene an einer Rechtsgrundlage fehle, um eine derartige Abstandsregelung im kommunalen Baureglement festzulegen.
Diese neue Einschätzung widerspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichts. In einem vergleichbaren Fall in Tramelan im Kanton Bern (BGer 1C_149/2021) wurde festgehalten, dass Gemeinden im Rahmen ihrer Bauordnung Mindestabstände für Windenergieanlagen definieren dürfen.
Das kantonale Planungs- und Baugesetz (PBG) regelt abschliessend Abstände zu Gewässern, Wäldern, Grundstücksgrenzen sowie Abstände von Gebäuden, Kleinbauten und Anbauten. Für Anlagen zur Stromerzeugung aus Windkraft enthält das Gesetz jedoch keine spezifischen Abstandsbestimmungen.
Fragen der SVP-Fraktion an die Regierung
Aufgrund der sich widersprechenden Beurteilungen und der Bedeutung für mehrere Gemeinden stellt die SVP-Fraktion eine dringliche Interpellation. Sie fordert die Regierung auf, zu den folgenden Punkten Stellung zu nehmen:
1. Unterschied zum Fall Tramelan
Das Bundesgericht hat entschieden, dass Gemeinden Mindestabstände festlegen dürfen. Die Fraktion möchte wissen, worin der Unterschied zum Fall Au liegt und weshalb die Regierung zu einer abweichenden Schlussfolgerung kommt.
2. Revidierte Einschätzung des Kantons
Die SVP verlangt Auskunft darüber, weshalb das Amt für Raumplanung und Geoinformation seine Einschätzung geändert hat, weshalb dies erst nach der Volksabstimmung geschah und aus welchem Grund die Einschätzung erneut vorgenommen wurde.
3. Gesetzliche Grundlage im Kanton
Weiter wird die Frage gestellt, wo der Mindestabstand von Windenergieanlagen zu Siedlungsgebieten in der kantonalen Gesetzgebung geregelt ist.
4. Handlungsspielraum der Gemeinden
Da es auf kantonaler Stufe keine Regelung gibt, möchte die Fraktion wissen, ob die Regierung nicht ebenfalls der Meinung sei, dass Gemeinden dort ergänzende Vorschriften erlassen dürfen, wo das kantonale Gesetz Spielraum lässt.