Also, Hand aufs Herz: Hättet ihr zwei damals gedacht, dass aus ein paar Musikern im Pyjama mal eine Gruppe mit Kultstatus wird?
«Im Nachhinein würden wir sagen: Die Leute, die damals bei dieser Stegreifgruppe dabei waren, hatten schon im Sinn, dass etwas Grösseres draus werden könnte – aber dass diese Gruppe 40 Jahre bestehen bleibt? Sicher nicht. 40 Jahre für eine Musikgruppe – das ist schon eine starke Leistung.»
Vier Jahrzehnte – da bleibt nichts, wie es war. Was hat sich bei euch am meisten verändert: musikalisch, organisatorisch, menschlich?
«Musikalisch hat sich enorm viel getan. Früher waren’s eher einfache Gesänge, ein- bis zweistimmig. Heute spielen wir Arrangements mit bis zu acht Stimmen – das ist ein ganz anderes Niveau. Organisatorisch hat sich auch viel verändert: Früher musstest du jeden einzeln anrufen oder sogar Briefe schreiben. Heute reicht eine Nachricht auf der Webseite, und alle wissen Bescheid. Gleichzeitig planen wir alles ein Jahr im Voraus – spontan geht fast nichts mehr. Es ist einfacher und gleichzeitig aufwendiger geworden.
Menschlich? Wir würden sagen, bei uns stimmt’s einfach. Wenn wir sagen, wir machen ein dreitägiges Fest – dann kommen alle, helfen mit, sind motiviert. Das macht uns aus.»
Klingt nach einer eingespielten Truppe mit viel Herz und Struktur. Es heisst, eure erste Verkleidung war schwarz-weiss. War das Absicht oder ein modischer Fehltritt?
«(lachen) Das war weit vor unserer Zeit! Aber soweit wir wissen, war das damals eine sehr spontane Sache. Die Gruppe wollte loslegen und brauchte einfach ein Kostüm – da wurde nicht monatelang geplant. Man hat was zusammengenäht und ist losgezogen. Ganz anders als heute.»
Improvisation mit Charme – passt zur Fasnacht. Wie fühlt es sich an, wenn man als Gugge plötzlich 40 wird?
«Wir finden: Es passt einfach noch alles. Wir sind stolz auf das, was wir aufgebaut haben. Wie man so schön sagt: Die erste Generation baut auf, die zweite baut aus – und wir gehören zur zweiten. Und wir machen weiter!»
Und das hoffentlich noch sehr lange. Was ist für euch persönlich das absolute Highlight dieses dreitägigen Jubiläums?
«Ganz klar: Unsere eigenen Auftritte. Unsere Leute stehen mit so viel Herzblut auf der Bühne – das berührt. Und die Fans natürlich – mit ihnen zusammen zu feiern, ist einfach das Schönste. Der ganze Event ist für uns ein Höhepunkt.»
Da verschmelzen Herzblut und Gänsehaut. Ihr macht im Juni einen Fasnachtsumzug – völliger Wahnsinn oder einfach genial?
«Völliger Wahnsinn – aber genau unser Stil! Die Strasse ist für 15 Minuten gesperrt, dann machen wir unseren Umzug mit allen Gruppen, 20 Minuten lang, und danach geht’s direkt ins Festzelt. Heiss, laut, verrückt – das gehört zu uns. Der Umzug ist quasi der feierliche Schlussakt des Festes.»
Apropos verrückt, was war der verrückteste Auftritt in eurer Vereinsgeschichte – und wie viele Instrumente haben’s überlebt?
«Definitiv Brüllisau, letztes Jahr. Die Stimmung war top, aber es ist einiges passiert: Stühle fielen, Leute sind fast gestürzt – es war wild! Zwei, drei waren ziemlich ‹durch›. Aber alle Instrumente haben’s überlebt. Die Emotionen waren einfach riesig – das hat alles überstrahlt.»
Und wenn wir schon beim Chaos sind – gab’s auch Auftritte, die ihr lieber vergessen würdet?
«(lacht) Ja, so gegen Ende einer Fasnacht, wenn die Nächte lang und die Auftritte spät sind. Um 1 Uhr morgens noch spielen, wenn du schon zwei Tage durchgefeiert hast – das ist manchmal eher eine Herausforderung als ein Genuss. Aber das gehört dazu!»
Ein Hoch auf die Durchhalte-Gugger. Stimmt es, dass mal jemand bei euch im Kostüm eingeschlafen und erst Tage später aufgewacht ist?
«Tage nicht – aber Powernaps im Kostüm sind keine Seltenheit. Wenn du drei Tage unterwegs bist, brauchst du irgendwann eine Pause. Manche verschlafen sogar fast einen Auftritt – aber das ist okay. Hauptsache, sie stehen dann wieder!»
Klingt, als würde euch genau das am Leben halten. Wie oft habt ihr euch schon gefragt: «Warum tun wir uns das eigentlich an?» – und was war dann die Antwort?
«Wahrscheinlich an jeder zweiten Fasnacht! Aber der Zusammenhalt, die Kameradschaft, das gemeinsame Musizieren – das trägt uns immer wieder weiter. Und langweilig wird’s nie. Jedes Jahr bringt neue Musik, neue Leute, neue Geschichten.»
Das ist schön zu hören und was bedeutet euch die Gugge persönlich – ist es wie eine zweite Familie?
«Ja, absolut. Es ist ein Ausgleich zum Alltag, ein Ort der Gemeinschaft, der Verlässlichkeit, des Lachens und der Erlebnisse. Eine zweite Familie, in der man einfach dazugehört.»
Eine Familie mit Taktgefühl – schöner kann man’s kaum sagen. Wie stellt ihr euch die Zukunft der Bazzaschüttler vor? Wird’s euch auch zum 80-Jährigen noch geben – mit Hörgeräten und Marschproben im Rollator-Tempo?
«(lachen) Warum nicht? Wir haben viele Junge dabei, die übernehmen. Und wenn wir dann mit Hörgerät und Rollator unterwegs sind – egal. Hauptsache, der Groove bleibt.»
Solange der Groove stimmt, darf alles andere wackeln. Wenn ihr euch etwas für die nächsten 40 Jahre wünschen dürftet – was wäre das?
«Dass der Spirit erhalten bleibt. Dass die nächsten Generationen mit genauso viel Leidenschaft dabei sind wie wir. Und dass wir noch viele unvergessliche Momente zusammen erleben dürfen.»
Und zum Schluss eine ehrliche Frage: Spielt es sich nach ein paar Drinks wirklich besser – oder was zeigt eure Erfahrung?
«(lachen) Sagen wir’s so: Ein bisschen Stimmung hilft manchmal. Aber wenn’s zu viel wird, wird’s auch musikalisch schwierig. Wichtig ist, dass die Musik im Mittelpunkt bleibt – und dass man weiss, wann’s genug ist.»