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Widnau
06.05.2025
07.05.2025 10:32 Uhr

Fahrend die Zähne in Schuss bringen

Samuel Hauri, Zahnarztpraxis Meyenberger aus Wil, Bettina Bartl-Grabherr, Bartl & Fässler Zahnmedizin aus Widnau
Samuel Hauri, Zahnarztpraxis Meyenberger aus Wil, Bettina Bartl-Grabherr, Bartl & Fässler Zahnmedizin aus Widnau Bild: fam
Bartl & Fässler Zahnmedizin aus Widnau geht neue Wege für die Zahnmedizin der Rheintaler. Anstatt dass die Kunden zur Praxis kommen, kommt die Praxis zu den Kunden. Das Angebot geht bereits nach drei Wochen durch die Decke.

Wer in einem Altersheim lebt, hat viele Annehmlichkeiten. So kann man im Haus zu einem Coiffeur gehen, sich die Nägel schneiden lassen und geniesst eine Betreuung rund um die Uhr.

Doch was passiert, wenn man Zahnschmerzen hat und eine Zahnbehandlung notwendig wird? Normalerweise bleibt dann nur der Gang zum Zahnarzt. Das bedeutet: Jede Menge Umstände, vom Mobilisieren der Verwandtschaft bis hin zur Reise und dem anschliessenden Warten im Wartezimmer.

Bis jetzt. Denn die Zahnarztpraxis Bartl & Fässler aus Widnau bietet eine neue Art von Zahnbehandlungen an: Direkt vor Ort auf dem Parkplatz. Was in erster Sekunde wie ein Scherz klingt, entpuppt sich als wahre Nische. Und die Widnauer Zahnärzte positionieren sich als Vorreiter in einem neuen Marktumfeld.

«Vorreiter nicht nur im Rheintal»

Samuel Hauri von der Wiler Zahnarztpraxis Meyenberger ist der Mastermind hinter der mobilen Zahnarztpraxis. Er erklärt: «Die Idee entstand bei uns in Wil. Vor rund sieben Jahren haben wir das erste Brainstorming für eine mobile Zahnarztpraxis durchgeführt. Die ersten Ideen handelten noch von einem Velo, schnell wurde aber ein Kleinwagen und später der jetzt bekannte Lieferwagen daraus.» Man habe von den dortigen Kunden immer wieder die Rückmeldung erhalten, dass eine mobile Zahnarztpraxis eine gute Idee wäre.

Bettina Bartl-Grabherr, Praxisinhaberin von Bartl & Fässler in Widnau, ergänzt: «Die ersten Versuche gab es am Universitätsspital in Zürich. Doch es lief damals eher schlecht als recht. Die Leute sind beispielsweise fast am Wasser erstickt.» In der Zahnmedizin wird viel mit Wasser gearbeitet – und dieses muss auch wieder abgesaugt werden. Allerdings wird das schwierig, wenn man die Infrastruktur nicht hat, da man auf einem Velo unterwegs ist. «Da kommt der umfunktionierte Lieferwagen natürlich gelegen. Mit der mobilen Zahnarztpraxis sind wir nicht nur im Rheintal Vorreiter, sondern in der ganzen Schweiz.»

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«Den Menschen etwas Gutes tun»

Die Behandlungen, welche direkt vor Ort angeboten werden können, decken im Grundsatz das ganze zahnmedizinische Feld ab. Man habe alles an Bord, was man für eine Zahnarztbehandlung braucht. «Es gibt fast nichts, was wir nicht machen können. Ausser vielleicht Implantate. Diese machen wir in der Praxis.» Das breite Angebot stösst auf grosses Interesse. Man ist erst seit drei Wochen im Dienst und hat bereits jetzt tagesfüllende Termine in Diepoldsau. Das Interesse ist gar grösser als erwartet.

«Wie sich die Lage in Widnau entwickelt, bleibt noch abzuwarten.» Dazu wird in Diepoldsau auch bereits ein zweiter Standort gebaut. «Die mobile Zahnarztpraxis ist ein Herzensprojekt und die Rückmeldungen der Patienten sind ausschliesslich positiv.» Diese profitieren natürlich am meisten. Denn erstmals müssen keine Angehörigen oder Tixis mobilisiert werden, um die Zähne checken zu lassen. Alles kann direkt vor Ort vorgenommen werden. «In einer Gehdistanz von ein paar Metern.»

Eine solche Zahnarztpraxis ist Gold wert. «Denn eine gute Mundhygiene ist wichtig. Denn daraus können Erkrankungen an Herz und Kreislauf entstehen. Ausserdem gibt es Schmerzen und andere Begleiterscheinungen. Ich weiss, wie es in den Mündern der älteren Personen aussehen kann.» Umso besser und attraktiver ist das mobile Zahnarztprogramm natürlich. «Durch die Nähe sinkt auch die Hemmschwelle der Patienten.» Das ist eine Win-Win-Situation. «Die Leute reden über uns und wir werden dadurch bekannter. Ausserdem können wir den Menschen etwas Gutes tun.»

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«Eine wichtige Marktlücke schliessen»

Hauri ergänzt: «Theoretisch könnten wir auch in Heime für Beeinträchtigte fahren. Und auch Schulzahnuntersuchungen sind möglich. Dadurch, dass wir direkt vor Ort sind, können sich insbesondere ältere und immobile Personen einen niederschwelligen Einstieg leisten.» Gerade im Bereich der Senioren habe man eine extreme Unterversorgung festgestellt.

«Es ist so, dass man viele Dienstleistungen im Haus hat. Einen Coiffeur, eine Pedi- und Maniküre, aber einen Zahnarzt sucht man bis heute vergeblich. Wir können mit unserem Projekt also eine wichtige Marktlücke schliessen.» Und die starke Nachfrage in den drei Wochen seit Beginn bestätigen diese Bemerkung zusätzlich. 

Der umfunktionierte Lieferwagen ist ein Herzensprojekt von Hauri. «Etwas Vergleichbares findet man derzeit eigentlich nur in Australien, weil dort teilweise grosse Distanzen überbrückt werden müssen. Die Umfunktionierung und die Zulassung für unsere Schweizer Verhältnisse verlangen eine Menge an Hingabe, Zeit und auch Finanzen.» Wie viel der Spass gekostet hat, wollen die Beiden nicht beantworten. «Aber es ist ein hoher Betrag.»

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Das Rheintal als Vorreiter

Die grosse Nachfrage und die guten Rückmeldungen von Heimen und Heimbewohnern gleichermassen sprechen für sich: Mit der mobilen Zahnarztpraxis ist man auf dem richtigen Weg. Und das Rheintal kann sich einmal mehr als Schweizer Vorreiter etablieren. Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis auch andere Zahnarztpraxen auf den Zug aufspringen. Und wer hats zuerst gemacht: Bartl & Fässler aus Widnau.

Fabian Alexander Meyer