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St. Margrethen
01.05.2025
01.05.2025 09:54 Uhr

ZFUR: Reto Friedauer unter Starkbeschuss

Gemeindepräsident Reto Friedauer
Gemeindepräsident Reto Friedauer Bild: fam
Seit Wochen scheint kein Thema St.Margrethen dermassen zu dominieren wie die Diskussion rund um den Beitritt zum ZFUR. An einer Infoveranstaltung am 30. April kam es zu einer Direktkonfrontation zweier Lager.

Gestern Abend fand in St.Margrethen wohl einer der wichtigsten Anlässe im ganzen Jahr statt. Der Gemeinderat lud zur Infoveranstaltung rund um das umstrittene Projekt «Zweckverband Feuerwehr Unteres Rheintal».

Das Thema sorgt für reichlich Diskussionen, wie die zahlreichen Leserbriefe auf diesem Portal bestätigen. Entsprechend hitzig wurde sodann auch die Diskussion an der Infoveranstaltung.

Worum geht es?

Derzeit sind durch das ganze untere Rheintal verschiedene Feuerwehren verteilt. Praktisch jede Gemeinde kocht mit einer eigenen Feuerwehr ein eigenes Süppchen. Dazu kommt, dass die Infrastrukturen nicht immer optimal sind. In Balgach beispielsweise liess der Gemeindepräsident Urs Lüchinger an der Bürgerversammlung im März verlauten, dass die Zustände im Depot immer weniger tragbar seien. Es gäbe keine geschlechtergetrennten Umkleiden, die Parkplatzsituation sei nicht optimal und ausserdem sei es auch einfach zu eng. Wir haben berichtet.

Dazu kommen auch noch die steigenden Anforderungen an die Feuerwehr, anstehende Investitionen, wachsende Aufgabengebiete und höhere Anforderungen sowohl an die Mitarbeiter, wie auch die Führungspersonen. All diese Gründe machen laut den Initianten die Gründung und den Beitritt des Zweckverbands Feuerwehr Unteres Rheintal nötig.

Durch ebendiesen sollen die derzeit im ganzen Einzugsgebiet verteilten Feuerwehren an einem einzigen Standort in Heerbrugg zusammengelegt werden. Dort soll ein Neubau entstehen, desssen Baukosten derzeit auf fünfzehn Millionen Franken geschätzt werden. Balgach, Widnau, Berneck und Diepoldsau haben dem Beitritt in den Verband bereits zugestimmt, Au und St.Margrethen stehen noch aus.

Setzen sich ein für den ZFUR: Christian Sepin (Gemeinedepräsident Au), Christoph Kempter (Präsident Ortsgemeinde Au), Urs Lüchinger (Gemeindepräsident Balgach), Bruno Seelos (Gemeindepräsident Widnau), Shaleen Mastroberardino (Gemeindepräsidentin Berneck), Reto Friedauer (Gemeindepräsident St.Margrethen), Ralph Lehner (Gemeindepräsident Diepoldsau) Bild: Fabian Alexander Meyer

Gemeindeübergreifend denken

Reto Friedauer, Noch-Gemeindepräsident von St.Margrethen, führte an diesem Abend durch die Infoveranstaltung. Er fand dabei klare Worte.

«Wir müssen gesellschaftliche Trends erkennen und basierend darauf die entsprechenden Massnahmen prüfen», eröffnete Friedauer. Damit bezog er sich auf die oben erläuterten Gründe für den Zweckverband.

«Wir müssen über die Gemeindegrenzen hinaus denken. Künstliche Grenzen helfen nicht.» Als Beispiel brachte er den Zivilschutz voran. «Hier funktioniert eine übergemeindliche Zusammenarbeit auch.»

An Effizienz gewinnen

Ein Damoklesschwert schwebe demnach über St.Margrethen. «Die Bedrohungen durch klimatische Veränderungen werden nicht weniger. Dazu kommen die allgemeine Verdichtung und andere menschengemachte Faktoren.»

Mit dem Beitritt zum Zweckverband werden zukunftsfähige Strukturen und vor allem Synergien geschaffen. «Wir gewinnen an Effizienz.»

Im Prinzip lässt sich die Rede wie folgt zusammenfassen: St.Margrethen sollte dem ZFUR beitreten, um für die Zukunft und die sich ständig ändernden Bedingungen gewappnet zu sein. Der Gemeinderat empfiehlt ein Ja.

Doch dann kam die Diskussion.

Zu sagen, dass sie emotional war, wäre massiv untertrieben. Es wurden offensichtliche Falschbehauptungen um sich geworfen und dabei jeweils die andere Seite ebenderer beschuldigt.

Dazu gesellten sich auch mehr als ein paar Wortgefechte und Friedauer musste sich unter anderem einen Vergleich mit dem US-Präsident Donald Trump gefallen lassen.

Alle Punkte in einem einzigen Artikel zu erwähnen, würde den Rahmen sprengen. Daher hier die wichtigsten Key-Takeaways.

Die Bürger hatten viel zu sagen… Bild: fam

Die Anzahl an Mitgliedern im Gremium

Jede Gemeinde schickt drei Mitglieder aus der Gemeinde ins Rennen ins Gremium. Bei einem Zuhörer führte dies zur Aussage, dass St.Margrethen im Vergleich zu den Mittelrheintaler Gemeinden unterpräsentiert sei. «Eine Fusion unter denen ist richtig und wichtig. Aber wir wären das fünfte Rad am Wagen.»

Friedauer: «Es gibt tatsächlich zwei Lager. Mittelrheintal und wir. Dennoch ist eine vernünftige Entscheidungsfindung gewährleistet. Wir brauchen den Zweckverband, damit mal jemand umsetzt.»

Ein einheitlicher Schlüssel

Bei einem anderen Redner wurde die Gemeindeteilung und vor allem das finanzielle Gefälle thematisiert. Auf der einen Seite würden beispielsweise die «Bonzengemeinde Balgach» stehen und auf der anderen St.Margrethen. Das sei doch so nicht möglich.

Friedauer erläuterte, dass man einen Schlüssel gesucht habe, der für alle Gemeinden umsetzbar sei. «Alle haben den gleichen Schlüssel.»

Fünf Jahre Kündigungsfrist

Immer wieder wurde auch auf eine Bestimmung eingegangen, die wohl vielen Zuhörern Bauchschmerzen bereitete. So ist nämlich festgehalten, dass ein Austritt aus dem Verein, oder eine «Kündigung» gemäss Gemeindejargon, zwar möglich sei, aber mit einer Kündigungsfrist von fünf Jahren verbunden sei.

«Kein normaler Angestellter geht einen Arbeitsvertrag ein, dessen Kündigungsfrist fünf Jahre beträgt. Und vor allem: Wie sollen die Leute die nächsten fünf Jahre motiviert zur Arbeit gehen?»

Daraufhin verwies Friedauer auf einen altgedienten Feuerwehrler, der seit einem Vierteljahrhundert dabei ist. Dieser verwies darauf, dass man innerhalb von einem Jahr nicht autark werden könne. Daher brauche es eine längere Kündigungsfrist, damit man genug Eigenmittel beschaffen und sich eine gute Infrastruktur aufbauen kann.

Kostenhammer 

Dazu kommt aber auch noch der Kostenhammer. Der Zweckverband sei teuer. Allein der Neubau kostet fünfzehn Millionen. Fairerweise muss man sagen, dass dies laut Gemeinderat die oberste Grenze ist. 

Seitens Gemeinde argumentierte man damit, dass man eben einen gewissen finanziellen Vorrat brauche, um sicher sein zu können. Doch auf wirklich offene Ohren stiess dies nicht. 

Steuern oder nicht Steuern – das ist die Frage

Von einem Zuhörer kam sodann auch noch die Behauptung, dass man bei einem Beitritt zum ZFUR zehn Prozent höhere Steuern hätte. Ach, das Thema Steuern – dabei war es doch gerade erst ein Thema.

Friedauer musste bereits an der Bürgerversammlung intervenieren, als jemand den technischen Betrieben die Finanzen abluchsen wollte. Und auch dieses Mal musste der Präsident für Klarheit sorgen.

«Ganz klar Nein. Das geht nicht zulasten der Steuern. Das ist eine falsche Behauptung. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte Spezialfinanzierung. Mit Steuern hat das nix zu tun.»

Tendenz zu Nein

Zusammenfassend kann man also sagen, dass St.Margrethen eindeutig gespalten ist. Eine komplette Übersicht über die Positionierung der Gemeindebewohner ist an einer solch «kleinen» Versammlung grundsätzlich nicht möglich. Aber dennoch scheint sich zumindest in den vier Wänden der Rheinauhalle eine klare Meinung gebildet zu haben.

Man sagt Nein zum ZFUR. Nein zu einer Zusammenlegung und Ja zur Autonomität der St.Margrether Lebensretter. Wofür sich die Gemeinde effektiv entscheidet, zeigt sich erst am 18. Mai, wenn die Bürger an die Urne müssen.

«Der Reto-Style»

Nach fast zwei Stunden ging die Versammlung sodann zu Ende. Auf dem Heimweg verwickelte der Redaktor einen Bürger ins Gespräch und fragte ihn, wie er die heutige Versammlung erlebt habe.

«Nicht gut. Das ist der Reto-Style. Genau wie wir es gedacht haben. Wir würden die Katze im Sack kaufen. Ein Haus kauft man ja auch nicht ohne genaueste Berechnungen.»

Was der Reto-Style ist, wurde übrigens nie ausreichend erklärt.

Weitere Informationen, Abstimmung, etc.

Am 18. Mai wird in St.Margrethen an der Urne abgestimmt. Eine Abstimmung per Bürgerversammlung ist nicht möglich, da die Gemeindestatuten eine Urnenabstimmung vorschreiben.

In unserem speziell für dieses Thema angelegten Dossier finden Sie verschiedene Artikel rund um den ZFUR.

Weitere Informationen rund um den Verband generell gibt es hier.

Das Gutachten kann hier eingesehen werden.

Fabian Alexander Meyer