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Gast-Kommentar
Heerbrugg
17.02.2025
17.02.2025 16:41 Uhr

«Ehrliche Argumentation im Gegensatz zu Übertreibungen»

Bild: Archiv
Armin Ritter gibt in seinem Gastkommentar eine Rückmeldung zum Leserbrief von Elisabeth Vetsch in Sachen Windenergie im Rheintal.

Beim in diesem Gastkommentar behandelten Artikel bezieht sich Armin Ritter auf einen Leserbrief von Elisabeth Vetsch.

Deren Leserbrief finden Sie hier.

Ich beabsichtigte nicht, mich mehrmals in diesem Forum zu melden, aber die Reaktion von Elisabeth Vetsch aus Au will ich doch nicht unkommentiert im Raum stehen lassen. Die ewig gleichen Argumentationen der Windkraft-Gegner werden an jedem möglichen Standort von neuem vorgebracht. → Es ist nicht so, dass Argumente besser werden, nur weil man immer dieselben wiederholt:

Es liegt in der Entscheidung jeder einzelnen Person, ob sie die Nähe einer Windkraftanlage bei der Wahl des eigenen Wohnortes eher aufsuchen oder meiden will. Es gelten klare Richtlinien zu nachweisbaren Beeinträchtigungen, die von jedem Betreiber einer Windkraftanlage auch einzuhalten sind. *

Die mehrfach zitierte «Wertverlust-Studie» einer Einzelperson aus Winterthur wird vom HEV-Schweiz nun mal nicht getragen, da deren Inhalt nicht erwiesen ist. So lange eine Region als Wirtschafts-Standort gesund ist, verlieren unterhaltene Liegenschaften nicht an Wert, da stets Interessenten dafür vorhanden sein werden. Das Gegenteil zu behaupten, ist nun mal näher bei «Polemik» als bei realen Tatsachen. 

Zum Vorwurf, ich brächte eine «Bankrott-Erklärung» der SFS ins Spiel:

Ich beabsichtige alles andere als das; das Einzige was ich will, ist hervorheben, dass die gute ortsansässige Konjunktur zu schätzen ist, so lange in den Standort nachhaltig investiert werden will. Jede Investition sichert den Standort.

Beginnt jedoch ein «Leben von der Substanz», weil Investitionen verhindert werden, so können dereinst Überraschungen möglich werden, an die heute niemand nur im Geringsten denken mag.** Dass Energiekosten ein Standortfaktor sein können, der für oder gegen eine Region spricht, ist in anderen Regionen der Schweiz bereits unangenehm deutlich zu spüren.

Wollen wir, wenn diese Problematik akuter wird, der Industrie mit Steuergeld die Energiekosten subventionieren, während gleichzeitig mehr Arbeitskräfte in Pension gehen, als junge Arbeitskräfte regional vorhanden sein werden? → Ja, das ist jetzt pessimistisch formuliert – aber wenn es mal schlecht läuft, kommt bekanntlich stets alles zusammen…

Daher bin ich überzeugt, dass letztlich alle dankbar sein werden, wenn so nachhaltige Projekte wie «RHINTL-Wind» in einer noch gesunden Wirtschaftslage ermöglicht werden könn(t)en. 

Die unbestritten wachsende Strom-Knappheit in der Schweiz wird diesen weiterhin verteuern, während europaweit Regionen mit Energie-Überproduktion alles daran setzen günstig neue Industrie bei sich anzusiedeln. Denn der Strom, der nicht transportiert werden muss, ist nach wie vor der wertvollste.

In dieser Ganzheitlichkeit betrachtet ist es letztlich nicht entscheidend, welchen Namen ein Unternehmen trägt, dem die nachhaltige Entwicklung verhindert wird. Schmerzhaft ist, dass mit RHINTL-Wind gleich das erste Projekt der Ostschweiz, das sich eine derart nachhaltige Entwicklung zur Standortsicherung vornimmt, an der Urne scheitert.

Zuversicht stirbt zuletzt: Windenergie-Nutzung direkt in Industriezonen wird möglich werden. Zu hoffen bleibt nur, dass diese Projekte bei selbsttragender Überzeugung gesund entstehen können und nicht erst als notgedrungene Unterstützung.

Ein Ausbau der Hochspannungs-Versorgung ist insgesamt immer ein grösserer Eingriff in Natur und Umwelt als eine dezentrale Windturbine deren Energie direkt vor Ort die lokale Stromversorgung unterstützt.

*Im Wind erzeugt jedes Objekt Geräusche, je stärker es windet, desto mehr. Eine Windturbine nimmt ihre Rotorblätter aber ab 45 km/h kontinuierlich aus dem Wind. Das heisst, im Gegensatz zu allen anderen Objekten wird der Lärm einer Windturbine ab 45 km/h gar nicht mehr lauter; zudem überlagert sich Schall gegenseitig, womit stets nur der Lärm aus nächster Nähe am stärksten wahrgenommen wird. Im Gegensatz zu Verkehrslärm, der bei ruhigem Wetter erst recht laut sein kann, ist von einer Windanlage bei ruhigem Wetter nichts zu hören.

Nicht von Ungefähr ist die Befürwortung für zusätzliche Windkraftanlagen in den Regionen, die sie bereits kennen unvergleichbar gross: Kanton Luzern, Windenergie im Entlebuch seit mehr als 15 Jahren (24.11.2024, Zusatzförderung LU: 68.5% JA), Calandawind 2, Chur (09.02.2025, 83% JA.) Klares Fazit: Letztlich überzeugen immer die Vorteile.

** Quellen von 2017 belegen, dass steigende Standort-Kosten zu Abwanderung von Industrie führen können:

Jedes zweite Produktionsunternehmen erwägt Verlagerung ins Ausland – Die Volkswirtschaft

Jedes zweite Produktionsunternehmen erwägt Verlagerung ins Ausland (HSG, St. Gallen, 2017)

Diese Umstände mit in Betracht ziehen, nennt sich «über den eigenen Tellerrand» denken. – Eine «Bankrott-Erklärung» fände erst statt, wenn nichts mehr daran vorbeiführt – und davon spricht 2025 glücklicherweise niemand.

Armin Ritter, Herisau

Die in Leserbriefen geäusserten Meinungen und Ansichten müssen nicht mit jenen der Redaktion übereinstimmen. Wir behalten uns vor, Leserbriefe zu kürzen, insofern sie dadurch inhaltlich nicht verändert werden. Für den Inhalt von Leserbriefen haftet der Autor des Schreibens.

Redaktion rheintal24

Armin Ritter