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Rebstein
03.10.2024
03.10.2024 12:49 Uhr

«Es geht nicht ums Ballern und Metzeln»

Marcel Thurnheer
Marcel Thurnheer Bild: zVg
Gamer aus dem ganzen Rheintal versammeln sich Mitte Oktober im Progy Rebstein, um zusammen dem gemeinsamen Hobby zu frönen: Das Spielen von Videospielen. Im Rebsteiner Progy findet nämlich eine sogenannte LAN-Party statt. Rheintal24-Redaktor Fabian Alexander Meyer bat den OK-Präsidenten Marcel Thurnheer zu einem Interview.

Videospiele vereinen Leute auf der ganzen Welt. Die Gamerszene ist eine der am stärksten wachsenden Communities und gerade Corona und das kollektive Daheimbleiben damals haben Videospiele noch weiter in den Fokus gerückt. Hier konnten die Leute zusammen sein und Zeit miteinander verbringen – trotz Social Distancing und künstlich aufgebauten Grenzen.

Erfolgreich dank Corona

Spiele wie beispielsweise «Call of Duty: Warzone» oder «Animal Crossing» haben extrem vom Konzept des digitalen Beisammenseins profitiert und bauen bis heute darauf auf. Warzone ist mittlerweile bereits in der dritten Generation. Auch der Redaktor dieses Artikels stürzt sich hin und wieder in den fiktiven Staat «Al Mazrah». 

Dieser Gaming-Trend erreichte längst auch das Rheintal und ist schon seit einigen Jahren präsent. So verwundert es kaum, dass sich mittlerweile eine kleine Szene gebildet hat. Mittelpunkt ebendieser Szene ist der 2019 gegründete Verein «Jintan Clan». Die Vereinigung konnte mittlerweile auf 32 vollwertige Mitglieder wachsen. Und bereits erste Erfolge vorweisen. So führen sie in diesem Jahr bereits zum dritten Mal die «Jintan LAN» durch – also eine LAN-Party, in welcher sich Gamer aus dem ganzen Rheintal treffen und gemeinsam Videospiele spielen.

Screenshot aus Call of Duty Warzone Classic Bild: fam

Ein Gamer aus Leidenschaft

Im Progy Rebstein gibt es Plätze für 80 Teilnehmer, allesamt voll ausgestattet mit allem, was man braucht, um gemeinsam Klassiker wie beispielsweise den Taktik-Shooter «Counterstrike» oder seit einiger Zeit auch den lange heiss ersehnten Nachfolger «Counterstrike 2» spielen zu können. Ein Catering sorgt für das leibliche Wohl und auch Schlafplätze gibt es nebenan – erstreckt sich das Event doch über mehrere Tage und Nächte.

Solch ein Projekt braucht Leidenschaft. Leidenschaft, die Marcel Thurnheer, Mitglied des Vorstands und OK-Präsident, hat. «Gaming ist mein Hobby. Ich spiele seit über 20 Jahren das Spiel Counter-Strike. Ich liebe die Herausforderung, als Team zu gewinnen und einfach zusammen Spass zu haben. Nebenbei spiele ich auch noch Hogwarts Legacy und DayZ.» Als Erklärung: In Hogwarts Legacy erlebt man Abenteuer im Universum von Harry Potter, in DayZ kämpft man ums Überleben nach einer Apokalypse mit Untoten.

20 Jahre sind eine lange Zeit. Während dieses Zeitraums verschieben sich die Interessen immer weiter. Hat man früher noch die ganze Nacht durchgespielt, merkt man heute, dass man teilweise wochenlang ohne Gaming auskommt. «Und genau da sind für mich LAN-Parties wie die Jintan Lan wichtig, denn hier kann ich in die Gaming-Welt abtauchen. Denn Vollzeitgamer bin ich schon lange nicht mehr. Manchmal spiele ich fast täglich und dann gibt es wieder eine Phase, in welcher ich wochenlang nichts anfasse.»

«Das Rheintal ist einfach noch nicht soweit»

Damit aber dennoch die Leidenschaft weitergetragen wird und sich die Gamer aus dem Rheintal vereinen können, wurde der Verein von leidenschaftlichen Gamern gegründet. Später stiessen auch Thurnheer und weitere Interessierte zum «Jintan Clan». «Aktuell haben wir bereits über 30 Mitglieder.»

Ein solcher Verein ist auch bitter nötig, «denn das Rheintal ist sehr still und für sich. Erst seitdem wir öffentliche Veranstaltungen machen, lernen wir neue Gamer kennen. Letztens machten wir Bekanntschaft mit einem Vorarlberger Verein, von dem wir davor noch nie gehört haben.» Ausserdem gebe es hier auch Hersteller von Racing Seats (damit können Autorennen simuliert werden), eine Bar mit Turnieren, eine Bar mit Arcade-Automaten und ein Anbieter für VR und Formula-Racing. Das Potenzial ist also da, wird aber noch zu wenig genutzt.

Vor allem E-Sports, also Wettkämpfe gegen Spieler entweder lokal, national oder gar global, sind hier stark untervertreten. Auch wenn Gaming längst auch im Rheintal angekommen ist, so ist man hier dennoch noch lange nicht so weit, wie man es wohl gerne wäre. «Wir als Rheintaler Gamingverein fördern zwar das Zusammenspielen, aber sind nicht direkt im E-Sports tätig. Das Rheintal ist einfach noch nicht soweit.» LAN-Parties seien hierbei ein guter Anfang.

So sieht eine LAN-Party aus Bild: zVg

Terroristen aus dem Rheintal?

Dass sich die Meinung gegenüber Gaming in den letzten Jahren stark gewandelt hat, dürfte den Rheintalern jetzt in die Karten spielen. Denn lange Zeit (und teilweise auch heute noch) werden Videospiele oft damit in Verbindung gebracht, dass sie Terroristen ausbilden würden. Dieses Missverständnis bezieht sich vor allem auf «Ballerspiele» oder «Ego-Shooter», wie der eigentlich korrekte Name lautet.

Werden im Rheintal also Terroristen ausgebildet? «Nein! Zwar gibt es tatsächlich Spiele, die Gewalt verherrlichen, aber auch Filme, Bücher und Videos auf den sozialen Medien tun das. Viele Personen haben ein falsches Bild von solchen Spielen. Bei den meisten Games geht es nicht um das Ballern und Metzeln, sondern darum, gemeinsam mit anderen Spielern eine Herausforderung zu bestehen. Auch Kommunikation, Teamfähigkeit, Teamplay und Taktik stehen im Fokus. Und natürlich der Spass.»  

Wie mit allen Medien sei es wichtig, verantwortungsvoll damit umzugehen. Eine LAN-Party kann ebenfalls ein guter Ort sein, um den Vorurteilen gemeinsam zu begegnen und mit ihnen aufzuräumen. Denn für Besucher der LAN-Party ist der Eintritt gratis.

Sieg und Niederlage

Thurnheer wird jetzt selbst schon bald 40 Jahre alt. In dieser Zeit hat er schon einige Dinge erlebt. Viele «Losses» (Niederlagen) und noch mehr «Wins» (Siege) eingesteckt. Das führt zu der einen oder anderen Anekdote. Er führt aus: «Zum grössten Loss würde ich ein Counter-Strike-1.6-Match zählen.

Dies ist schon 20 Jahre her und wir wurden Anfang Saison direkt gegen den stärksten Gegner ausgelost und wir haben natürlich 0 zu 16 auf «de_train» (die Map, das Spielareal) verloren. Einzig ich konnte noch zwei Punkte holen, die anderen hatten bereits keine Chance mehr.» Sowas kratzt an der Motivation. «Da hilft es, wenn man entspannende Spiele spielt. Beispielsweise Aufbauspiele wie Anno.»

Doch es gibt natürlich auch «Wins» (Siege), die Thurnheer einfahren konnte. «Der grösste Win ist aber noch länger her. Das war so um das Jahr 1998 in Spiel «Dungeon Keeper 2». Bei einer Meisterschaft hatte ich ein Spiel, welches über sechs Stunden andauerte und ich den Gegner nur mit einer sehr speziellen Taktik besiegen konnte. Ich musste jeweils meine schwarzen Ritter opfern, um Vampire zu bekommen und zu trainieren, dies hat etwa vier Stunden gedauert. Dann war ich bereit für den Angriff, der mich zum Sieg geführt hat.»

«Der Spass steht im Fokus.»
Marcel Thurnheer

Cheater haben keine Chance

Alles in allem ist eine Karriere als Gamer im Rheintal oder auch irgendwo sonst ein unbeschwertes Hobby, in welchem es zwar durchaus auch mal roh zu- und hergeht, aber trotzdem eine tolle Erfahrung ist und neue Freundschaften (teilweise auch fürs Leben) hervorbringen kann. «Online ist dabei alles erlaubt.»

Dass man sich im Voicechat Beleidigungen an den Kopf wirft, ist zwar nicht toll, aber es gehöre irgendwo eben auch einfach dazu und dementsprechend müsse man auch ein etwas dickeres Fell haben. «Online ist alles erlaubt. Aber an einem Turnier ist ein gegenseitiger Respekt wichtig. Da wird immer ein «Good Luck Have Fun» und ein «Good Game» gewünscht. Oft gibt es auch einen Handschlag dazu.»

So auch beim Jintan LAN-Event in Rebstein. Freundliches und respektvolles Verhalten wird dort grossgeschrieben. Wer ausserdem cheatet, also bewusst sich einen nicht erlaubten Vorteil verschafft, wird disqualifiziert und je nach dem auch von der Veranstaltung ausgeschlossen. «In unserem Team haben wir viele erfahrene Gamer. Die erkennen sowas. Ausserdem haben die Games selber auch eine eingebaute Mechanik, die Cheat-Software erkennt.»

Augenschmerzen vom Nintendo 64

Zum Abschluss noch die beiden wichtigsten Fragen an einen Gamer. Welches Power-Up würdest du gerne in der Realität haben? «Ich würde gerne zaubern können wie in Hogwarts Legacy.»

Welche Rainbow Road in Mario Kart ist die Beste? «Diejenige auf dem Nintendo 64. Die gibt so richtig Augenschmerzen, wenn man sie spielt.»

Aufgrund der Thematik werden hier bewusst keine Trailer zu Counterstrike, Call of Duty und ähnlichen Videospielen eingefügt. Wer sich dennoch dafür interessiert, findet auf Youtube jede Menge Videomaterial.

Bitte beachten Sie, dass hierzulande für diese Spiele aufgrund der gezeigten Inhalte keine Jugendfreigabe besteht.

Fabian Alexander Meyer