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Montlingen
03.09.2024
03.09.2024 16:55 Uhr

«Ein Weltrekord mit vielen Emotionen»

v.l.n.r.: Ständerätin Esther Friedli, Luana Menoud-Baldi (Präsidentin Schweizer Blasmusikverband), Christoph Walter (Komponist von «Harmonie der Blasmusik») und Regierungsrätin Laura Bucher
v.l.n.r.: Ständerätin Esther Friedli, Luana Menoud-Baldi (Präsidentin Schweizer Blasmusikverband), Christoph Walter (Komponist von «Harmonie der Blasmusik») und Regierungsrätin Laura Bucher Bild: Michael Kohler
Am Sonntag, 25. August 2024, wurde in Montlingen Geschichte geschrieben. Rund 3’500 Musiker stellten sich zu beiden Seiten des Rheins auf und musizierten gemeinsam zum hundertjährigen Jubiläum der Blasmusikverbände St.Gallen und Vorarlberg. Dabei wurde ein neuer Weltrekord aufgestellt.

«Ich bin enorm emotional», sagt Roland Kohler, Präsident des St.Galler Blasmusikverbandes, als er auf den vergangenen Anlass zurückblickt. Es scheint immer noch unfassbar, was die rund 3’500 Musiker hier geleistet haben. «Als ich die Menge an Musikanten und deren Enthusiasmus gesehen habe – das macht mich auch jetzt rückblickend noch sehr emotional.»

Auch von den Musikern habe er nur positives Feedback bekommen. «Die vielen lachenden Gesichter und die gute Stimmung bleiben mir besonders in Erinnerung. Das ganze Dorf hat sich in eine Festwirtschaft verwandelt.» Ergo: Der Weltrekord war ein emotionales Ereignis für alle. Dieses Grossereignis zog zwischen 500 und 1000 Leute an, wie Augenzeugen berichten. Die Stimmung sei festlich gewesen und voller Vorfreude. Nach einem sehr regnerischen Morgen tauchte die Sonne zwischen den Wolken auf und bereitete den Zuschauern und Musikern das perfekte Wetter, was die Stimmung noch zusätzlich anhob. 

«Da samma dabei»

Doch bis es überhaupt mal zu diesem Punkt kam, dauerte es rund zwei Jahre. Damals begannen die Planungen für das Jubiläum des St.Galler Blasmusikverbandes. «Ich wollte mir etwas Besonderes einfallen lassen. Es sollte mehr sein als nur ein Programm, das bestenfalls einen ganzen Tag füllt.» Auf der Suche nach Ideen stösst Kohler auf ein Foto des weltweit längsten Zuges. Dieses zeigt, wie ein 1'906 Meter langer Zug über den Albula fährt. «Da kam mir die zündende und wohl auch etwas spezielle Idee, dass wir ebenfalls einen Weltrekord aufstellen könnten – und zwar als Musikveranstaltung mit den meisten Musikanten, die Seite an Seite musizieren. Das hat es noch nie gegeben.»

Der Vorstand, dem er anschliessend die Idee vorstellte, war begeistert. Schnell fingen die Vorbereitungen an. «Am Anfang stand das Konzept, in welchem wir unsere grundlegenden Ideen festhielten. Wir mussten den geeigneten Ort, die geeignete Zeit und vor allem auch die geeigneten Mittel finden.» Lange konnten die St.Galler ihre Pläne nicht unter Verschluss halten; die Vorarlberger bekamen Wind von der Sache und machten mit. «Da samma dabei», schliesslich feiern auch die Österreicher und deren Vorarlberger Blasmusikverband ein Jubiläum. Gemeinsam arbeiten sie den Plan aus – und einigen sich darauf, den Weltrekord zwischen Koblach und Montlingen zu erspielen.

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Musik verbindet

«Hier konnten wir uns auf der Brücke und auf den Seiten des Rheins positionieren und gemeinsam spielen. Dabei war es uns auch wichtig, dass wir ein metaphorisches H wie Harmonie bilden können. Die Brücke ist quasi der Mittelstrich.» Gemeinsam spannten die Musikverbände zusammen und stellten damit das Projekt auf die Beine, das in wenigen Jahren nicht nur einen Weltrekord bringen, sondern auch einen grenzübergreifenden Musikanlass veranstalten sollte, der zwei Dörfer und zwei Länder miteinander verbindet.

Die Planung gestaltete sich hierbei sehr aufwendig, schliesslich musste man ja rund 3’500 Personen anweisen und koordinieren. «Alles war durchgetaktet, wir haben viel Zeit in die Planung investiert.» Pro 30 Personen gab es einen Dirigenten, der die Gruppe anführte. «Damit alle im Takt bleiben und synchron spielen können, waren die Dirigenten per Headset verbunden. Vom Zentrum aus haben wir wiederum alles gesteuert. Das war auch die grösste Herausforderung, denn auch wir haben so etwas bisher noch nie gemacht.»

Die Dirigenten und die Schlagzeuger bekamen dabei ein akustisches Signal ans Ohr, damit sie wussten, wann sie einsetzen müssen. «Glücklicherweise hat alles perfekt funktioniert, da waren auch wir erstaunt. Sowohl die Koordination der Dirigenten, wie auch die Beschallung des Publikums verlief ohne Probleme. Das freut uns alle sehr.» Das Ergebnis: Ein Konzert der Extraklasse, das niemand in den beiden Dörfern wieder vergessen wird. Und das Rheintal, das jetzt Weltrekordhalterin ist.

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Alles wendet sich zum Guten

Ebenso ein Grund zur Freude war auch, dass am Nachmittag der Regen der Sonne wich und die Veranstaltung daher im Trockenen über die Bühne gehen konnte. Noch am Morgen sah es nämlich anders aus. «Wir wussten nicht, ob wir den Anlass wie geplant durchführen konnten. Es regnete sehr stark. Aber als wir dann zur ersten Probe ansetzten und merkten, wie gut alles funktioniert, hat sich die Laune unter den Anwesenden schnell gebessert und Unsicherheit wich Zuversicht.»

Wenig später folgte der nächste Aufsteller, denn das Projekt ist geglückt. «Wir haben es tatsächlich geschafft, einen neuen Weltrekord aufzustellen!» Die Freude unter den Musikanten ist grenzenlos, schliesslich waren sie alle Teil von etwas ganz Grossem und grenzübergreifenden. «Was mir besonders in Erinnerung bleibt, ist das Bild, wie sich die Musikanten nach Norden und Süden aufreihen, mit der Brücke in der Mitte. Das werde ich nie mehr vergessen. Eine Musikerin hat geweint, weil sie so viel Freude hatte.»

Der Weltrekord wurde natürlich gefeiert; allerdings weniger ausufernd als man denkt. «Viele meiner Kollegen haben sich an einem der Verpflegungsstände auf ein Bier getroffen und gemeinsam den Tag Revue passieren lassen. Ich persönlich habe mich aber abends mit meiner Frau und einer guten Flasche Wein auf das Sofa gesetzt und so den Tag abgeschlossen.» Eine Party in dem Sinne gab es nicht, «aber wir sind auch noch nicht durch. Natürlich werden wir im Verband das auch noch feiern. Aber jetzt steht erst mal unser eigener Film an. Dieser wird derzeit geschnitten und soll im Oktober fertig sein.»

Das Jubiläum ist noch nicht vorbei

Auf dem Erfolg ausruhen will sich deswegen aber niemand. Es geht direkt weiter mit einem Konzert in Mels, welches daraufhin dann auch der musikalische Abschluss des Jubiläums sein wird. Das Konzert wird am achten November stattfinden. «Erneut werden wir die Komposition von Christoph Walter, die «Harmonie der Blasmusik» spielen und dabei unseren bis dahin fertiggestellten Film zeigen. Das wird der fulminante Abschluss eines für uns sehr besonderen Jahres.»

Abschliessend richtet der Präsident noch seinen Dank an alle Beteiligten. «Ich danke allen Zuschauern, Musikern, den beiden Ländern für die Flexibilität und natürlich den Bauern, die uns ihr Land zur Verfügung gestellt haben. Wir haben direkt nach dem Konzert alles aufgeräumt, damit wir die Ländereien so zurückgeben konnten, wie wir sie bekommen haben.»

Fabian Alexander Meyer
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