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Walzenhausen
28.01.2022
19.06.2024 16:05 Uhr

Die Tage der Ledimühle sind gezählt

Die zerfallende Ledimühle in Walzenhausen diente früher als Wirtschaft, Bäckerei und später als Zwirnerei. Das im Haus integrierte Wasserrad ist noch erhalten.
Die zerfallende Ledimühle in Walzenhausen diente früher als Wirtschaft, Bäckerei und später als Zwirnerei. Das im Haus integrierte Wasserrad ist noch erhalten. Bild: Peter Eggenberger
Eingeschlagene Fensterscheiben, offene Türen und morsches Gebälk sind unübersehbare Zeichen des Zerfalls der beim Schwimmbad gelegene Ledimühle in Walzenhausen. Das 1742 erstellte, als kantonales Kulturobjekt eingestufte Gebäude ist wohl kaum mehr zu retten.

In verschiedenen Nachschlagewerken wie «Die Kunstdenkmäler von Appenzell Ausserrhoden», dem Mühlenbuch «Mahlen-Bläuen-Sägen» und natürlich der Ortschronik von Walzenhausen wird das Gebäude und dessen Stellenwert gebührend gewürdigt. Trotz der grossen Schäden sowohl aussen als auch innen lässt das Gebäude mit den fünf Geschossen noch immer seine grosse Vergangenheit erahnen. Das stattliche Haus diente nicht nur als Mühle, sondern auch als Bäckerei und Wirtschaft «Gemsli».

Nutzung der Wasserkraft

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann in Walzenhausen die Rideauxstickerei zu florieren. In der Folge benötigten die Fabrikanten viel Garn. Kurzentschlossen verwandelte Eigentümer Christian Rohner-Tobler die Mühle im Jahre 1852 in eine Zwirnerei. Dabei setzte das Wasser des Ledibachs weiterhin das mächtige Holzrad in Bewegung, dessen Kraft die Maschinen im Innern des Hauses antrieb. Flauten in der Stickereibranche vermochte die angeschlossene kleine Landwirtschaft zu überbrücken, so dass sich die Zwirnerei in der Ledi trotz starker Konkurrenz über Jahrzehnte zu behaupten vermochte.

Zum privaten Wohnhaus geworden

Christian Rohner-Tobler folgte 1889 Sohn Christian Rohner-Blatter, der als achtfacher Familienvater die Zwirnereitradition fortsetzte. Die ganze Familie stand damals im Dienst der Produktion. Schwierige Zeiten brachen dann aber mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs (1914) an. Trotzdem aber wurde in der Ledi bis 1939 weitergezwirnt. Anschliessend diente das Gebäude als privates Wohnhaus, das jedoch seit Jahren unbewohnt ist.

Rettung nur mit grossem Aufwand möglich

Die Rettung der mittlerweile auch zu einem Sicherheitsrisiko gewordenen Ledimühle wäre wohl nur mit einer kostenaufwendigen Totalsanierung möglich. Der im Kanton Solothurn wohnhafte Besitzer wollte oder konnte sich zur Zukunft des Hauses nicht äussern. «Es ist jammerschade um das schöne Gebäude mit seiner spannenden Vergangenheit», kommentiert Gemeindepräsident Michael Litscher die aktuelle Situation. «Wir haben den Eigentümer verschiedentlich kontaktiert und erhielten leider keine konkreten Antworten auf unsere Fragen. Und da es sich um Privateigentum handelt, sind unsere Einflussmöglichkeiten minimal.»

Bedauern auch bei der Denkmalpflege

Vreni Härdi von der Ausserrhoder Denkmalpflege bedauert den Zerfall ebenfalls. «Das ausserhalb der Bauzone gelegene, 280 Jahre alte Haus steht unter Schutz und ist unbedingt erhaltenswert. Bleibt zu hoffen, dass sich in absehbarer Zeit ein Weg zur Erhaltung aufzeigt.»

Mit der Bruggmühle am Klusbach in Wolfhalden befindet sich ein weiteres Objekt von ähnlicher Bedeutung ebenfalls in sehr schlechtem Zustand. Die weiter oben am gleichen Wasserlauf stehende Heldmühle ist sogar eingestürzt, und nur noch hässlich Überreste erinnern an das einst stolze Gebäude. Zum Glück gibt es in beiden Gemeinden auch positive Beispiele: In vorbildlichem Zustand präsentieren sich die alte Mühle in Hinterergten (Wolfhalden) und das Haus Zwirneli in Lachen (Walzenhausen), wo ein Verein bzw. eine Stiftung die nötigen, mit grossem finanziellem Aufwand und viel Idealismus verbundenen Restaurierungsarbeiten an die Hand genommen haben.

Peter Eggenberger