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Vorarlberg
30.11.2021

Schmuggel von Entwurmungsmittel explodiert

Eine zu hohe Dosierung von Ivermectin kann beim Menschen zu ernsten Nebenwirkungen führen
Eine zu hohe Dosierung von Ivermectin kann beim Menschen zu ernsten Nebenwirkungen führen Bild: wtva.com
Die Funde von illegal importiertem Ivermectin, einem Pferdeentwurmungsmittel, sind beim Zoll vorallem in Österreich, aber auch in der Schweiz seit September rasant gestiegen. Meist handelt es sich um Medikamente aus Asien, die verunreinigt oder gar wirkungslos sind.

«Sie sind kein Pferd. Sie sind keine Kuh», twitterte im Spätsommer die US-Arzneimittelbehörde FDA. «Im Ernst, Leute, hört auf damit.» Doch die Warnungen der Heilmittelbehörden, dass Ivermectin kein taugliches Coronamittel sei, verhallen überall dort, wo sich Querdenker, Impfskeptiker und Coronaleugner in den sozialen Netzwerken informieren. Oder wo sogar Politiker den Einsatz dieses Mittels fordern, wie etwa die Freiheitlichen in Österreich. Oder die St.Galler SVP-Fraktion, die ihre Aktion mittlerweile aber bereut.

Parasiten bei Pferden bekämpft

Denn mit dem Präparat Ivermectin werden eigentlich Parasiten bekämpft. Hauptsächlich bei Pferden. Ein Entwurmungsmittel. Dennoch ist der Hype ausgerechnet bei jenen Leuten gross, die auf eine Impfung wegen der aus ihrer Sicht nicht ausreichend erforschten Nebenwirkungen verzichten. Dabei sind die Nebenwirkungen von Ivermectin ungleich grösser. Kein Wunder, wenn eine Arznei für Grossvieh bei Menschen eingesetzt wird.

Ivermectin ist ein hauptsächlich bei Grossvieh gegen Parasiten eingesetzter Wirkstoff Bild: aerzteblatt.de

Und seit die behauptete Wirkung gegen Covid-19 in bestimmten Kreisen auch in Österreich aufgrund der Aufrufe des FPÖ-Chefs Herbert Kickl, erneut gross die Runde machte, seither sei die Zahl der Funde des Medikaments als Schmuggelware sogar «förmlich explodiert». 24´169 Stück geschmuggelte Tabletten wurden entdeckt und analysiert. Die sichergestellten Tabletten seien «oft wirkungslos oder verunreinigt», wurde gewarnt.

Explosive Steigerung der Schmuggelaktionen

Die «explosive Steigerung» der nach Österreich bestellten Entwurmungstabletten habe sich auch bei einer EU-weiten Schwerpunktaktion bestätigt, die im Oktober und bis Mitte November stattfand: «Bei der Anzahl der dabei beschlagnahmten Ivermectin-Sendungen rangiert Österreich EU-weit auf Platz zwei» hies es aus dem Ministerium.

Menschen, die sich auf solche Voodoo-Mittel verlassen, gefährden ihre Gesundheit. Denn bei den geschmuggelten Medikamenten, die meist aus Asien stammen, handle es sich oft um wirkungslose, verunreinigte oder gefälschte Präparate. Experten warnen vor der missbräuchlichen Einnahme. Das Medikament werde unter verschiedensten Produktbezeichnungen hauptsächlich aus Singapur, Indien und Hongkong versendet. Empfänger in der ganzen Schweiz und Österreich warteten auf die vermeintliche Wunderkur, die beim Menschen auch schon zu Vergiftungen geführt haben soll.

Zumal das Entwurmungsmittel in vielen Apotheken und bei vielen Tierärzten ausverkauft ist.

Keine genauen Zahlen zu bekommen

Und in der Schweiz? Sind keine genauen Zahlen zu bekommen. Die eidgenössische Zollverwaltung teilt in ihrer Stellungnahme mit: «Wir haben Einfuhren von Ivermectin festgestellt. In welchem Umfang diese jedoch illegal eingeführt worden sind, können wir Ihnen nicht beantworten. Wir sind lediglich feststellende Behörde an der Grenze und überweisen verdächtige, vorläufig angehaltene Medikamente an Swissmedic zur Prüfung sowie Einleitung weiterer Massnahmen.»

Von Swissmedic war folgendes zu erfahren: «Die Zollstellen der eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) haben in den letzten Wochen bei Kontrollen mehr illegale Arzneimittelsendungen entdeckt und an Swissmedic weitergeleitet. Unter den illegalen Arzneimittelimporten haben auch Sendungen mit Medikamenten gegen Würmer und andere Parasiten (z.B. mit dem Wirkstoff Ivermectin) zugenommen. Besonders bedenklich ist, dass die Wirksamkeit dieser Mittel gegen Covid-19 nicht im Rahmen eines Zulassungsverfahrens geprüft wurde und solche Arzneimittel von nicht kontrollierten Herstellungsorten und kriminellen Lieferanten stammen.»

Wesentlich höhere Dosierungen notwendig

Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) warnt: «Ivermectin ist im Rahmen der zugelassenen Dosierungen im Allgemeinen gut verträglich. Um Konzentrationen mit antiviraler Aktivität gegen SARS-COV-2 in der Lunge zu erzielen, wären jedoch wesentlich höhere Dosierungen notwendig, die wiederum zu verstärkten Nebenwirkungen führen können. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Ivermectin bei einer höheren als der zugelassenen Dosierung toxisch wirkt.»

rheintal24/gmh/uh