«Hach, der schöne Bodensee! Am südlichen Ufer, eingebettet im Rheindelta und an Idylle kaum zu übertreffen, liegt die 3.900 einwohnerstarke Gemeinde Fußach. Ein Vierteljahrhundert lang wurde diese von Bürgermeister Ernst Blum geleitet, bald muss sie dem langjährigen Ortschef Adieu sagen. Er wird bei den kommenden Gemeinderatswahlen am 15. März 2020 nicht mehr antreten.» So wand der Österreichische Gemeindebund auf seiner Homepage dem 27 Jahre lang als Bürgermeister tätigen Ernst Blum noch anfangs 2020 ein blumiges Kränzchen.
«Das Dokument des Grauens»
Zweifelhafte Lohnabrechnungen
Ein Kränzchen, das im Rekordtempo verwelkte. Denn quasi mit dem Abgang des Gemeindechefs im Frühjahr 2020 hat er selbst Meldung an den Rechnungshof des Landes Vorarlberg gemacht. Zunächst befasste sich der Landesrechnungshof mit zweifelhaften Lohnabrechnungen, die auch den Bürgermeister selbst betrafen.
Was dann bekannt geworden ist, löste nur noch Erstaunen und ohnmächtiges Kopfschütteln aus. Anfang Juni dieses Jahres legte der Rechnungshof unter der Leitung von Landesrechnungshofspräsidentin Dr. Brigitte Eggler-Bargehr seinen ausführlichen Bericht vor. Ein «Dokument des Grauens», wie es im Kontrollausschuss des Landtags bezeichnet wurde. Ein Beweis des Versagens der Gemeindeorgane auf allen Ebenen. Was war passiert?
Undurchsichtige Finanzgeschäfte
Die Aufarbeitung der Gemeindefinanzen von Fussach durch den Rechnungshof brachte zutage, dass der inzwischen pensionierte Finanzleiter der Gemeinde durch so einige Jahre hindurch mit Geld der Gemeinde in undurchsichtigen Finanzgeschäften spekuliert hatte. Der Gesamtschaden beträgt etwa 17.5 Mio. Euro. Diese riskanten Veranlagungsgeschäfte wurden ohne Befugnis und entgegen des gesetzlichen Spekulationsverbotes bei öffentlichen Mitteln durch den Bediensteten angeblich im Alleingang getätigt.
Dazu hatte der Herr Finanzleiter ein ganz eigenes System der Lohnabrechnung installiert und zahlte Hilfskräfte dann und wann auch mit Gutscheinen aus. Dienstverträge waren mangelhaft abgefasst und bei der Auszahlung agierte der Finanzleiter nach Gutsherrenart.
Totalversagen aller Instanzen
Bei der Kontrolltätigkeit des Rechnungshofes wurden auch eklatante Mängel in der Buchhaltung und Steuerabfuhr festgestellt. Die zur Prüfung notwendigen Unterlagen fehlten ganz oder wurden privat aufbewahrt. Und jetzt das Verblüffende: Diese Missstände seien niemandem aufgefallen.
Ein Totalversagen aller Instanzen. Ein Versagen des vorgesetzten Bürgermeisters Ernst Blum, der in all den Jahren nichts mitbekommen haben will: «Ich habe davon nichts gewusst!». So sagte er vor dem Kontrollausschuss. «Erst nach der Pensionierung des Finanzleiters habe ich von Auffälligkeiten bei der Gehaltsauszahlung erfahren und umgehend die Staatsanwaltschaft informiert.»
Ein Versagen aber auch des Gemeinderats und des Prüfungsausschusses der Gemeinde. Der Herr Finanzleiter hätte seine Spekulationsgeschäfte kaum über viele Jahre unentdeckt ausführen können, wären die Kontoauszüge der Gemeinde ordentlich geprüft worden. Eine Mitschuld trifft auch jene Banken, die die Überweisungen für die Spekulationsgeschäfte ausführten, musste ihnen doch bewusst sein, dass in Österreich durch das Spekulationsgesetz jegliche risikobehafteten Finanzgeschäfte mit öffentlichen Mitteln verboten sind.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Ob diese Aussage richtig ist oder falsch, wird sich noch herausstellen. Denn inzwischen läuft ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft. Sollte diese zu einer Anklage und einem Strafprozess führen, so wird der Gemeinde Fussach nichts Anderes überbleiben, als auf dem Zivilrechtsweg zu versuchen, den angerichteten Schaden, oder wenigstens einen Teil davon, bei einem oder beiden der pensionierten Herren wieder zurückzubekommen.