Grosser Bahnhof am Bahnhof Rheineck am Bahnsteig eins. Viele Menschen tummeln sich an jenem Gleis, an dem die Zahnradbahn nach Walzenhausen hält, um ihre Fahrgäste aufzunehmen. Auffallend viele der Leute sind festlich gekleidet, Anzug in gedecken Farben, Hemd und Krawatte. Und werden von dem netten Personal der Appenzeller Bergbahnen begrüsst. Denn am Bahnhof Walzenhausen, wohin die Festgäste mit dem Zahnradbähnli gebracht werden, findet eine kleine aber feine Jubiläumsfeier statt. Schliesslich ist die Bahnverbindung zwischen Rheineck und Walzenhausen 125 Jahre alt geworden.
«Es git näbis z'feste» - 125 Jahre Bergbahn nach Walzenhausen
Die bessere Alternative
Es ist die kürzeste Bahn der Appenzeller Bahnen AG. Doch gerade die kleinste Bahn hat Geschichte. Eine originelle Geschichte. Die im Jahre 1870 begonnen hat. Damals verzeichnete der Kurort Walzenhausen seine wirtschaftliche Blüte.
Ursprünglich war eine Bahn von Walzenhausen nach Heiden geplant, doch eine Verbindung ins St. Galler Rheintal erwies sich als bessere Alternative. Nach einer schwierigen Finanzierungsphase wurde der Bau am 16. April 1895 in Angriff genommen. Am 25 Juni 1896 konnte die Bahn schliesslich eingeweiht werden und nur zwei Tage später wurde der reguläre Fahrplanbetrieb aufgenommen.
Vorderländer Oríginal als Festredner
Festredner beim Festakt im Bahnhof Walzenhausen war das Vorderländer Original Peter Eggenberger. Und der im weiten Umkreis bekannte ehemalige Journalist und «immer noch» Buchautor hielt ein flammendes Plädoyer für den Erhalt der Zahnradbahn. Denn die Zukunft des Bähnlis ist ungewiss. Der bereits seit 1958 in Betrieb befindliche Triebwagen ist in die Jahre gekommen und muss in nächster Zeit ersetzt werden.
Als Alternative wurde sogar schon die Einrichtung eines verstärkten Busverkehrs zwischen Walzenhausen und Rheineck angedacht. Für jeden Walzhenhauser undenkbar. Wie auch Peter Eggenberger sagte: «Da darf man nicht aufgeben.»
In dieselbe Kerbe schlug Gemeindepräsident Urs Müller aus Rheineck. «Ich habe die Hoffnung, dass die weitere Zukunft dieser Bahnverbindung nicht nur unter finanziellen Aspekten geprüft wird, man muss auch sehen, dass es dieses Bähnli braucht. Es gibt hier nur eine richtige Lösung, die Bahn muss bestehen bleiben.»
Der «TGV des Vorderlandes»
Die Lacher hatte Walzenhausens Gemeindepräsident Michael Litscher auf seiner Seite, als er erklärte, warum die Zahnradbahn, die in sein Dorf führt, auch der «TGV des Vorderlandes» genannt wird. «Nicht weil es ein «Train de grand Vitesse», also ein Zug mit grosser Geschwindigkeit ist, sondern weil es ein «Train de grand Vibration» ist. Weil eine ganz eigene Kraft durch den Triebwagen geht, wenn beim Bahnhof Ruderbach die Zahnräder greifen und das Gefährt so richtig zum vibrieren bringen.»
Diese Bahnstrecke sei ein Teil der Identität Walzenhausens und dürfe nicht in Frage gestellt werden. Ihm sei es jedenfalls eine Herzensangelegenheit, sich für das Bähnli einzusetzen.
Lücke zwischen den Kantonen geschlossen
Auch Dölf Biasotto, Landammann des Kantons Appenzell-Ausserrhoden, betonte, dass diese Bahnverbindung eine wichtige Lücke zwischen den Kantonen schliesse. Und sogar die Möglichkeit einer Verbindung von Ausserrhoden mit der Bodenseeschifffahrt biete. Es werde gerade eine Arbeitsgruppe gebildet mit dem Ziel, Massnahmen für eine höhere Auslastung des öffentllichen Verkehrs zu finden.
Die wichtigste Wortmeldung des Tages war aber jene von Thomas Baumgartner, dem Direktor der Appenzeller Bahnen, der nach der Begrüssung der Gäste, unter ihnen auch Gemeindepräsident Reto Friedauer aus St.Margrethen und Stadt- und Gemeinderäte aus Rheineck und Walzenhausen, einen kleinen Hinweis auf die Zukunft der Zahnradbahn Rheineck-Walzenhausen gab.
Nachdem die Bahn in alle den Jahren um die 861´000 Fahrten gemacht habe, müsse der alte Triebwagen abgelöst und überhaupt modernisiert werden. Noch sei keine Entscheidung gefallen, aber schon im Herbst werde von den Appenzeller Bahnen über die künftige Lösung kommuniziert werden. Und im kleinen Kreis beim Apéro sagte Baumgartner: «Ich bin kein Busmensch und betreibe kein Busunternehmen, ich bin ein Bahnmensch.» Was den Walzenhausenern sicherlich Hoffnung macht.
125 Jahre Bergbahn Rheineck-Walzenhausen
1870. Der Kurort Walzenhausen verzeichnete
die Zeit der wirtschalftlichen
Blüte.
1870. Ursprünglich wurde eine Bahnverbindung von
Walzenhausen nach Heiden geprüft, als bessere
Alternative erwies sich jedoch der Ausbau
der Linie ins Rheintal nach Rheineck.
1895. Nach einer etwas schwierigen Finanzierungsphase
konnte der Bau am 16. April 1895 in Angriff genommen
werden.
Noch im gleichen Jahr im September konnte
der Durchbruch des unteren, 315 m langen
Tunnels gefeiert werden. Auch der Bau des
oberen, 70 m lange Tunnel unter dem Kurhaus
Walzenhausen wurde vorangetrieben. Eine 153
Meter lange Eisenkonstruktion erm glichte
schliesslich die Fahrt über das romantische
Hexenkirchlitobel.
1896. Als unermüdlicher Förderer weihte der Regierungsrat Titus Rohner am 25. Juni 1896 die Bergbahn Rheineck-Walzenhausen mit folgenden Worten ein: «Die Rheineck-Walzenhausen-
Drahtseilbahn ist für das gewerbsame und schön gelegene Städtchen Rheineck von grosser Bedeutung. Ganz besonders aber ist der Tag für Walzenhausen mit seiner bedeutenden Industrie ein Ereignis, das für die fernere wirtschaftliche Entwicklung dieser Gemeindevon grosser Bedeutung sein wird.» Bereits zwei
Tage später wurde der fahrplanmässige Betrieb
auf dieser Linie aufgenommen.
1909. Da die Bahn ursprünglich auf der schnurgeraden
Strecke mit einer Steigung von 174 ‰ und 260 ‰ mit dem sogenannten Wassergegengewicht- System betrieben wurde, musste die Kreuzungsstelle genau in der Mitte der Strecke liegen. So konnte die Bahn anfänglich nur bis Ruderbach verkehren. Im Jahre 1909 erfolgte die Weiterführung der Strecke bis zum Bahnhof Rheineck.
1958. In Folge der Elektrifikation der ganzen Linie wurden am 1. Dezember 1958 die wasserbetriebenen Fahrzeuge und Tramwagen endgültig durch einen elektrischen Triebwagen ersetzt. Dieser hiess «Liseli» und verkehrt noch heute zwischen Rheineck und
Walzenhausen.
1993. Nachdem die Bahn mit sinkenden Frequenzen zu kämpfen hatte, folgte 1993 mit der Eröffnung des Witzweges der Aufschwung.
2006. Erfolgte die Fusion mit der Appenzeller Bahnen AG.
2014. Seit 1958 auf den Schienen unterwegs, erhielt das «Liseli» 2014 eine vollumfängliche Renovation und ein neues Design.