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Vorarlberg
30.03.2021

Flüchtlingsinitiative wirbelt viel Staub auf

Die beiden Bürgermeister Dieter Egger (Hohenems) und Florian Kasseroler (Nenzing) bringen das Blut ihrer Parteikollegen in Wallung
Die beiden Bürgermeister Dieter Egger (Hohenems) und Florian Kasseroler (Nenzing) bringen das Blut ihrer Parteikollegen in Wallung Bild: AP
Die beiden freiheitlichen Ländle-Politiker und Bürgermeister Dieter Egger und Florian Kasseroler haben eine Initiative zur Aufnahme von Flüchtlingen gestartet. Was ihren FP-Parteikollegen sauer aufstösst.

Kenner der Vorarlberger Politik waren bass erstaunt ob dieser Meldung in den letzten Tagen: der Hohenemser Bürgermeister Dieter Egger, durch viele Jahre hindurch Obmann der Ländle-FPÖ und deren Landesrat in der ÖVP-FPÖ Koalition, gab gemeinsam mit dem Bürgermeister von Nenzing und Parteikollegen Florian Kasseroler bekannt, dass sie eine Petition unter dem Titel «Die Flüchtlingssituation, die uns betrifft – helfen statt wegschauen» gestartet haben.

Ablehnende Haltung überdenken

Ziel dieser Petition sei es, Frauen und Kinder aus griechischen und bosnischen Flüchtlingscamp aufzunehmen. Die österreichische Bundesregierung solle «ihre ablehnende Haltung überdenken und in Österreich wieder Flüchtlinge aufnehmen.» Hoppla Schorsch, denkt da der kundige Leser. Denn gerade die FPÖ, mindestens so weit rechts wie die Schweizer SVP, hatte sich ja immer schon energisch gegen alles Fremde, das ins gelobte Land vor und hinter dem Arlberg eindringen sollte, gewehrt.

Und war es nicht gerade dieser Dieter Egger gewesen, der mit seinem durchaus auch fremdenfeindlichen «Juden-Sager» vor einigen Jahren die Koalition mit der ÖVP gesprengt hatte? Aber niemand verbietet, dass man über Nacht ein bisschen gescheiter wird. Die NPO «SOS Mitmensch» ist jedenfalls vom Vorstoss von Egger und Kasseroler begeistert: «Diese Menschlichkeitsinitiative kann der Startschuss zum Ende der Aufnahmeblockade durch die Bundesregierung sein.» Höchste Zeit sei es für eine parteiübergreifende Allianz zur Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland und Bosnien.

Schlamm- und Elendslager in Europa

Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch weiter: «Die Berichte von Organisationen wie 'Ärzte ohne Grenzen', 'SOS Balkanroute' oder 'Flüchtlingshilfe-Doro Blancke' aus den Schlamm- und Elendslagern in Europa sind ein Horror. Wir haben eine Mitverantwortung für das Schicksal von Menschen in Not».

Gar nicht amüsiert über die Aktion seiner FP-Bürgermeister zeigt sich freilich der FPÖ-Landesobmann Christof Bitschi, der sich in alter österreichischer «freiheitlicher» Tradition als Politiker besonders für die Sicherheit und die Bewahrung der eigenen, freilich oft sehr rückwärtsgerichteten Werte einsetzt: «Ich stelle klar, dass sich an der Haltung der FPÖ in der Asyl- und Migrationsfrage nichts geändert hat.»

Info-Box zum «Juden-Sager» des Dieter Egger:

Bei der Veranstaltung zum offiziellen Wahlkampfauftakt zur Vorarlberger Landtagswahl am 21. August 2009, inszeniert von der Werbeagentur von Christoph Blocher bezeichnete Egger den in Deutschland geborenen, dort studierenden und arbeitenden und 2009 seit fünf Jahren in Hohenems als «Direktor des Jüdischen Museums» arbeitenden und wohnenden Hanno Loewy als «Exil-Juden aus Amerika in seinem hochsubventionierten Museum». Er meinte, ihn gehe die Innenpolitik ebenso wenig etwas an wie David Pountney (damals der künstlerische Leiter der Bregenzer Festspiele). Loewy gab an, dass ihn die Aussage primär störe, weil sie falsch sei. Nebenbei schwinge mit dem Verweis auf die angeblich hohen Subventionen das antisemitische Ostküsten-Stereotyp mit.

gmh/uh