Mitten im dichtesten Schneegestöber, mitten in einer tiefwinterlich verschneiten Landschaft irgendwo zwischen Oberriet und Buchs ist ein vielstimmiges Blöken einer 500-köpfigen Schafherde zu hören. Die Klauentiere in ihren von der Natur geschenkten Wollmänteln stehen ruhig und geduldig mitten im von Schneeflocken durchsetzten Wind. Und scharren den etwa dreissig Zentimeter tiefen Schnee beiseite, um an das Gras zu kommen.
Das Wandern ist des Schäfers Lust
Ein Leckerbissen für die blökende Truppe
Auf einmal kommt Bewegung in die Herde. Einige wenige Schafe haben am Waldrand einen Eichenbaum entdeckt. Oder vielmehr die darunter unter der weissen Schneedecke verborgenen Eicheln ausfindig gemacht. Ein Leckerbissen für die blökende Truppe. Man glaubt es kaum: es braucht bei der Winterwanderung keine oder kaum Zusatzfütterung. Die Tiere finden auch bei schneebedecktem Boden ausreichend Nahrung.
Schäfer Thomas Landis zieht auf der Winterwanderung von Mitte November bis Mitte März mit seiner Partnerin Heidi, drei Schäferhunden der Rasse altdeutscher gelbbackiger Schäferhunde und natürlich samt den Schafen von Oberriet Richtung Süden den Rhein entlang bis nach Bad Ragaz. Dabei wird das Weidegebiet für die Herde im Vorhinein vom Veterinäramt St. Gallen bestimmt. Im ganzen Kanton gibt es noch drei Wanderschafherden.
Aufwand zu wenig geschätzt
Die Tiere sind durchgehend im Freien und werden in der Nacht eingepfercht, damit sich das Schäferpaar im Trockenen wieder aufwärmen und ausruhen kann. «Wir produzieren hier mit den Lämmern und der Wolle beste Schweizer Bioprodukte, wobei ich das Gefühl habe, dass der grosse Aufwand hierfür leider zu wenig geschätzt wird. Heute wissen ja sogar viele Jungbauern gar nicht mehr, was ein Wanderschäfer oder eine Winterwanderung ist. Da müsste dringend aufgeklärt werden.»