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Heerbrugg
11.12.2020

Das Blödeln zur Kunstform erhoben

Messer&Gabel blödelte sich im Madlen durch ein «Best of» aus zwanzig Jahren (Bilder: Ulrike Huber)
Messer&Gabel blödelte sich im Madlen durch ein «Best of» aus zwanzig Jahren (Bilder: Ulrike Huber) Bild: Ulrike Huber
Die letzte Vorstellung des Jahres im Kinotheater Madlen gehörte dem Komiker-Duo Messer & Gabel. Die beiden Appenzeller Originale trotzten der finsteren Coronazeit mit genialen Blödeleien aus zwei Jahrzehnten.

Das war die letzte Gelegenheit vor dem vermutlichen Schweizer Lockdown samt Veranstaltungsverbot, einen Live-Comedyabend zu besuchen. Die letzte Gelegenheit für alle Freunde der Kleinkunst und des gepflegten Schwachsinns, sich trotz der bedrohlichen Coronawolke über unseren Köpfen noch einmal so richtig zu amüsieren. Denn beim Komikerduo Messer & Gabel bleibt kein Auge trocken. Ursprünglich seien sie nach eigenen Angaben ein Trio gewesen, aber der dritte Mann habe ja gleich den Löffel abgegeben.

Bild: Ulrike Huber

Weder Live-Abende noch Kino rentabel

Pascal Zäch, Kulturveranstalter, Gastronom und Betreiber des Kinotheaters Madlen, setzte mit der Durchführung dieses Bühnenabends ein letztes Statement für dieses Jahr. Vor den fünfzig bewilligten Zuschauern im grossen Kinosaal konnte er bei der Begrüssung erstmals keine weiteren Veranstaltungsankündigungen machen: „Niemand weiss, wie es weitergeht.“ Denn bei maximal zehn Zuschauern sind weder Live-Abende noch Kinovorstellungen rentabel.

Bild: Ulrike Huber

Aber vor dem grossen Lockdown kam das grosse Lachen, als Messer & Gabel vulgo Köbi und Jock mit ihren Knautschgesichtern durch den Abend blödelten. Mit urchigem, direktem Appenzeller Humor, einmaliger Situationskomik und Scherzen, die manchmal knapp unter die Gürtellinien reichten. Seit zwanzig Jahren und über 4000 Auftritten sind die beiden auf den Bühnen der Schweiz unterwegs. Und dennoch war dem Auftritt im Madlen mit einem «Best of» aus diesen Jahren keinerlei lähmende Routine anzumerken. Vielmehr agierten die beiden Komiker mit einer unbändigen Lust und amüsierten sich immer wieder sichtlich, wenn sie versuchten, spontane Lacher über sich selbst oder eigene Versprecher zu verbergen.

Bild: Ulrike Huber

Brachialkomiker ohne Witze über Corona

Klar, da stehen keine hintersinnigen Satiriker oder tiefschürfende Gesellschaftskritiker auf der Bühne, sondern Brachialkomiker. Was sie an diesem Abend nicht machten, waren Witze über Corona. Warum? «Weil Lachen ansteckend ist!» Stattdessen führten sie etwa Zwiegespräch über Blasenschwäche oder darüber, dass die ärztliche Sprechstunde eigentlich «Fragestunde» heissen müsste. Manchmal leicht hinterhältig, aber immer saukomisch und zum Teil improvisierend, wenn einem der beiden Blödelianten gerade wieder ein neuer Gag eingefallen war, der natürlich sofort raus musste. Dieses Pensionistenzwiegespräch, wie auch ein philosophierender Vortrag samt Lösung eines erfundenen Kreuzworträtsels grenzte an Dadaismus. Etwa eine Frage dieses Rätsels samt Antwort: «Was macht ein Engel auf einem Misthaufen? Kotflügel!». Oder die locker hingeworfene Feststellung über die Frau, die bei Alkoholgenuss immer Probleme mit ihren Beinen bekam. «Werden sie dann geschwollen?» «Nein, sie gehen auseinander!»

Bild: Ulrike Huber

Ja, jetzt ist wohl erst einmal wieder grosse Pause mit Unterhaltung und Komik. Aber wenn die Schranken wieder öffnen, werden die beiden Appenzeller am 31.03.2021 im Kinotheater Madlen sein. Dann mit ihrem neuen Programm «selbertschold?!». Und wieder mit mehr als fünfzig Zuschauern. Denn die Hoffnung stirbt zuletzt.

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gmh/uh