Hosianna! Vier Rheintaler Gemeinden streichen die Segel und treten per Ende 2025 aus dem Energiestadt-Trägerverein aus. Und wer weiss, vielleicht folgt die eine oder andere diesem segensreichen Beispiel. Schlimm genug, dass heute immer noch mehrere hundert Gemeinden in der Schweiz das Label «Energiestadt» tragen, das für ein teures Bürokratiemonster ohne Sinn und Zweck steht. Ausser natürlich, man hält es für wahre Standortförderung, wenn man das Ortsschild mit diesem Label versehen kann.
Kein Mensch hat etwas gegen den vernünftigen Umgang mit Energie und gegen Energiesparen, wo es möglich ist. Im Idealfall macht das jeder Einzelne aus persönlichem Verantwortungsbewusstsein – oder auch zur Schonung des eigenen Budgets. Sobald aber irgendwelche Organisationen ins Spiel kommen, läuten die Alarmglocken. Dann geht es meist darum, einen Apparat aufzublasen, Stellen für Papierstapel-Herumschieber zu schaffen und hart verdientes Steuergeld der Bevölkerung in den Erhalt dieser Strukturen zu schaufeln.
Gebühr, Mandat, Aufwand
Will eine Gemeinde «Energiestadt» werden, muss sie dem Trägerverein beitreten und zahlt eine Jahresgebühr, die abhängig von der Gemeindegrösse ist. Damit ist es aber noch nicht getan, die Gemeinde muss eine «akkreditierte Energiestadt-Beratung» mit einem Mandat ausstatten, und zwar zur «Prozessbegleitung». Auf der Webseite des Trägervereins sind diese Energieberater abgebildet. Wer sich durch die ganze Liste scrollt, braucht danach eine entzündungshemmende Creme aus der Apotheke.
Auch hinter den eigenen Kulissen der Gemeinde wartet viel Arbeit. Für die Zertifizierung braucht es eine «Bestandesaufnahme» und eine «Erarbeitung der Antragsunterlagen». Der Trägerverein schätzt den Aufwand auf «15 bis 30 Arbeitstage», die alle vier Jahre anfallen. Da werden also schon mal eineinhalb Monate von Verwaltungsangestellten abgespult, die vielleicht auch Sinnvolleres zu tun hätten. Zwar gibt es je nachdem eine «Prämie» vom Bund bei erfolgreicher Zertifizierung, es kann also ein bisschen Geld in die Gemeindekasse zurückfliessen, nur sind das natürlich auch wieder Steuergelder.
Munteres «Greenwashing»
Wenn eine Gemeinde vor hat, Energie zu sparen, was durchaus nicht ganz dumm ist, kommt sie vermutlich selbst auf entsprechende Ideen. Man braucht keine akkreditierte Beratung, um zu merken, wo die Stromfresser sitzen und welche davon nicht zwingend nötig sind. Das Ganze ist eine Arbeitsbeschaffungsmassnahme im Rahmen des «Greenwashing» – man entfesselt Aktivitäten, die furchtbar edel klingen, aber vor allem in einem Papierkrieg münden. Dazu kommt, dass diverse energiepolitische Massnahmen bereits gesetzlich verankert sind und deshalb gar kein Spielraum besteht, den man aufwändig ausloten müsste.
Was seit Jahren in den Bereichen Umwelt, Klima und Energie entfesselt wird, trägt sektenhafte Züge. Gemeinden, die sich Labels wie der «Energiestadt» verweigerten, mussten sich dafür schon fast entschuldigend erklären. Denn schliesslich sollen wir ja alle gemeinsam die Welt retten. Ob das Etikett Sinn macht oder nicht, ist gar nicht erst die Frage, es geht nur darum, «ein Zeichen zu setzen». Was sich mit fremdem Geld recht grosszügig machen lässt.
In diesem Sinn: Schön, dass einige Rheintaler Gemeinden die Reissleine ziehen. Noch schöner wäre es gewesen, den Rattenfängern im Dienst der Energie gar nicht erst auf den Leim zu gehen.