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Oberegg
13.02.2025

Die «Appenzeller Zwergli» bleiben unvergessen

Die derzeitige Ausstellung in der Bäckerei Bischofberger in Oberegg ist den sieben berühmten Kleinwüchsigen gewidmet
Die derzeitige Ausstellung in der Bäckerei Bischofberger in Oberegg ist den sieben berühmten Kleinwüchsigen gewidmet Bild: Peter Eggenberger
Die Kleinwüchsigen in Oberegg waren landesweit bekannt. In Oberegg erinnert derzeit eine Ausstellung an die besonderen Botschafter des Appenzellerlandes.

In den grossen Schaufenstern der Bäckerei Bischofberger im Oberegger Dorfzentrum werden regelmässig spannende Episoden der Ortsgeschichte dokumentiert. Derzeit erinnern grossformatige Fotos an die sieben Kleinwüchsigen.

«Mir ist es ein Anliegen, dass dieses Stück Geschichte nicht in Vergessenheit gerät. Seinerzeit existierten von den Zwergen unzählige Künstlerkarten, die als Grundlage für unsere Ausstellung dienen», sagt Doris Bischofberger, die mit ihrem Gatten René den Doppelbetrieb Bäckerei-Café führt.

Sensation auf Jahrmärkten

Der Berühmteste der Kleinwüchsigen war der 85 Zentimeter grosse Seppetoni Bischofberger (1860 – 1940), der mit seiner Schwester Kathri vor über hundert Jahren auf Jahrmärkten als Sensation und Botschafter des Appenzellerlandes bestaunt wurde.

Ihr Wohndomizil war das Restaurant Falken im Sulzbach. Hier sorgte Seppetoni mit schlagfertigen Sprüchen und als versierter Jasser für Staunen und Lachen bei Einheimischen und Kurgästen.

Als Arbeiter in der Bürstenfabrik geschätzt

1896 erblickte Seppetoni Leuch das Licht der Welt. Staunen liess das eigens für den 100 Zentimeter grossen Mann konstruierte Velo, mit dem er über zwanzig Jahre lang täglich von Oberegg in den Schachen (Gemeinde Reute) radelte, wo er über zwanzig Jahre lang als überaus zuverlässiger, fleissiger und geschickter Arbeiter hochgeschätzt war.

Vier Jahre später wurde Emilia Locher geboren, die im Schuhgeschäft ihrer Eltern im Dorf mithalf und vor allem von Kurgästen ebenfalls vielbestaunt wurde.

Musikalisches Trio füllte Konzertsäle

Letzte der sieben Oberegger Zwerge waren die drei in den 1910er Jahren geborenen Geschwister Monika, Lina und Leoni Schmid. Dank ihres Könnens als Sängerinnen und Instrumentalistinnen (Gitarre und Mandoline) füllten sie Konzertsäle landauf und landab.

Mit Liedern wie «Wie die Blümlein draussen zittern», dem Erzherzog-Johann-Jodler und anderen bereiteten sie überall grosse Freude. Wohnhaft waren das musikalische Trio in Rorschach und später in Goldach, doch waren beide Elternteile in Oberegg aufgewachsen.

Am 7. März findet im Café Bischofberger ab 19 Uhr ein vergnüglicher Vortrag rund um die berühmten Oberegger Kleinwüchsigen statt. Es ist eine Anmeldung nötig.

Eine tragische Angelegenheit

Damals und heute wird über die «Zwergli» geschmunzelt. Für die Eltern und ihren Nachwuchs aber war die Kleinwüchsigkeit auch tragisch, zumal weder Schulmediziner noch Naturärzte, heilkundige Klosterfrauen und Gebetsheilerinnen zu helfen vermochten.

Und in einer Zeit meist ohne Krankenkasse (Invalidenversicherung und Fürsorgegelder waren gänzlich unbekannt) blieb die Zurschaustellung auf Jahrmärkten, an Vereinsanlässen usw. die fast einzige Erwerbsmöglichkeit. Aber die kleinen Leute aus Oberegg haben auf ihre Art das Beste aus ihrem Leben gemacht und trotz allem nie den Humor verloren. 

Peter Eggenberger