Mal findet eine Rietbegehung statt. Mal werden Neophyten bekämpft. Mal werden Bezeichnungen für die hauseigenen Weine gesucht. Alles schön und gut.
Aber in erster Linie weiss man von der Ortsgemeinde Au vor allem eines: Sie sucht immer umgehend einen neuen Präsidenten, sobald man sich gerade knapp an den Namen des aktuellen gewöhnt hat. Die Führungsfunktion an der Spitze: Sie wird herumgereicht wie ein heisser Suppentopf. Und allmählich ist es an der Zeit, sich die Frage zu stellen: Warum?
Soeben hat Christoph Kempter die Segel gestrichen. Nachdem der Präsident der Ortsgemeinde erst vor wenigen Monaten sein Amt gegen einen Herausforderer verteidigt hat, der jetzt auch wieder in den Startlöchern steht. Warum es im Sommer 2024 überhaupt zu einer Kampfwahl kam, als Kempter bereits zwei Jahre seine Aufgabe anstandslos ausgeführt hatte, weiss niemand. Es ist natürlich ein demokratisches Recht, gegen einen Amtsinhaber zu kandidieren. Es wäre nur schön, wenn man wüsste, was die neue Lösung besser machen möchte als die alte. Und was man dieser genau vorwirft.
Ein Querschläger reicht
Der Abgang von Kempter müsste jedem, dem die Ortsgemeinde halbwegs am Herzen liegt, zu denken geben. Da stellt sich jemand zur Verfügung, der über einen reichhaltigen beruflichen Rucksack verfügt, sich in diversen Verwaltungsräten einbringt und auch Erfahrung aus dem Kantonsparlament mitbringt. Und der zum Schluss einfach sagen muss: Sorry, mit dieser Truppe lässt sich nicht arbeiten.
Nun sucht man pflichtschuldig einen Nachfolger, nur: Wird es dann besser? Offensichtlich schwelt das Problem ja eben nicht an der Spitze, sondern darunter. Ironischerweise wissen die meisten Leute, die je mit den Ortsbürgern zu tun hatten, auch ziemlich genau, wo es klemmt. Oft reicht ein einziger Querschläger, um Unruhe in ein Gremium zu bringen. Und es ist zumindest unter Ortskundigen kaum ein Geheimnis, um wen es sich dabei handelt.
Ortsgemeinden segeln zwar oft unter dem Radar der allgemeinen Wahrnehmung, aber sie sind mächtige Konstrukte. Sie besitzen und verwalten Ländereien, unterstützen Vereine massgeblich und betreiben Institutionen. Sie sind eine Art Staat im Staat. Von der Grössenordung her hätten sie eine professionelle Führung verdient. Aber an der Wahlurne kann man nur die Leute wählen, die sich zur Verfügung stellen.
Mit Christoph Kempter wären die Voraussetzungen für ein zukunftsfähiges Gedeihen der Ortsgemeinde Au hervorragend gewesen. Wer auch schon das Husarenstück geschafft hat, die sehr herausfordernde Sortenorganisation Appenzeller Käse als Direktor zu führen, für den ist diese Aufgabe theoretisch ein Klacks. Nicht aber, wenn man es intern mit einzelnen Querschlägern zu tun hat, die jedem Schritt nach vorn im Weg stehen. Das, gutschweizerisch, «verleidet» einem sehr schnell.
Schlau wählen ist gefragt
Es gibt also mindestens ein faules Ei im Ortsverwaltungsrat, über dem es sich nicht sinnvoll arbeiten lässt. Und dieses «Ei» ist auch nicht allzu schwer zu eruieren. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, wo es klemmt. Aber eben: Einmal gewählt, muss man damit leben. Mit der Konsequenz, dass danach auch jeder noch so motivierte und kompetente Präsident irgendwann findet, seine Energie sei hier am falschen Ort eingesetzt.
Bedauerlicherweise kann man derzeit nichts tun. Die Erneuerungswahlen im Juni 2024 haben den Ortsbürgerrat für die Periode 2025 bis 2028 fixiert. Nun darf man hoffen, dass Kempters Nachfolger die Nervenstärke besitzt, bis zu diesem fernen Tag auszuharren. Oder, aber das ist vermutlich Wunschdenken, der Störfaktor im Gremium entscheidet sich für einen vorzeitigen Abgang, um in Zukunft woanders Unfrieden zu säen.
Und sollte das nicht geschehen, sind zumindest die Ortsbürger gefragt, wenn es 2027 um die Neubesetzung des Gremiums geht. Vielleicht gehört der Fokus dann weniger der Figur an der Spitze. Denn es kann der Beste nicht in Frieden regieren, wenn darunter jemand alles tut, damit es nicht gut kommt.
Und wer nun rätselt, wer denn nun das Problem bei der ganzen Sache ist, dem sei beschieden: Da schweigt des Sängers Höflichkeit. Aber irgendwann kommt auch wieder der Frühling. «Nun will der Lenz uns grüssen», hiess es schon in einem Gedicht von 1878.