Mit einem knappest-möglichen Unterschied von 0.1% (vier Stimmen) wurde die Mindest-Abstands-Initiative in Au/Heerbrugg angenommen. Was ein Pionierprojekt in Sachen «Umweltverantwortung aus wirtschaftlichem Eigeninteresse» hätte werden können, wird auf einer Basis von nicht-fundierten Scheinargumenten, die letztlich zu einem Abstimmungsunterschied von 0.1% führten, nun vorerst verhindert.
Während die Befürworter von «RHINTL-Wind» mit rein sachlichen Standpunkten ohne irgendeine Polemik argumentierten, brachten die Initianten für einen Mindestabstand alle nur erdenklichen Beeinträchtigungen in die Debatte.
(Nebenbei: Das Churer Stimmvolk hat ebenfalls heute mit 83% JA für eine zweite Turbine bei Calanda-Wind gestimmt. Wenn die bisherigen Ertragszahlen von Calanda-Wind so schlecht wären, wie dies von den hiesigen Initianten stets dargestellt wurde, so wäre die Churer Zustimmung heute bestimmt tiefer ausgefallen.)
> Lärmprobleme für Anwohner heraufbeschwören, die gleichzeitig Eisenbahn und Autobahn ertragen…
> Einsturzgefahr ins Spiel bringen, wenngleich das Windpotential unvergleichbar schlecht sei.
> «Greenwashing» wurde vorgeworfen…
Entschuldigung; eine solche Argumentation war und ist nicht ernst zu nehmen – denn sie ist und war nichts als fadenscheinige Polemik im Abstimmungskampf. Aber auf Polemik spricht Stimmbevölkerung in unserem Jahrzehnt an – nicht nur in Au/Heerbrugg – nein, das ist bedauernswerterweise weltweit so.
Zu Wertverlust von Liegenschaften kann es dereinst tatsächlich kommen; aber erst, wenn die Industrie beginnt Arbeitsplätze auszulagern.
Wie gross wäre der Aufschrei, wenn dies dereinst tatsächlich passieren würde?
Wie dankbar müssten alle Anwohner sein, dass es einem ortsansässigen Industriebetrieb die Investitionen wert ist, auch bei nur bedingtem Energieertrag (schlechte Windverhältnisse während Lidar-Messung), in ein solches Zukunfts-Projekt zu investieren? Bessere Zukunfts-Garantien als Wirtschafts-Standort kann die Gemeinde eigentlich gar nicht erhalten.
(Im Energieverbrauch vergleichbare Industrien verlagern ihre Produktion gerade in dieser Wirtschaftslage in den Osten von Deutschland.) Kann unser Hochmut als Bürger/in sich wirklich so viel Eigeninteresse zu eigen machen, bevor über «MIT-getragene Verantwortung» nachgedacht und entsprechend zukunftsweisende Pionierprojekte ermöglicht werden?
Kommt heute eine ehrliche Argumentation bei der Bevölkerung wirklich nicht mehr an?
Reicht es nicht aus, wenn darauf hingewiesen wird, dass zugunsten unserer Lohn-Vorteile eine jährliche Effizienz-Steigerung von 6% erforderlich ist – und dass SFS als Betrieb wirklich alles daran setzen will, diesen Fortschritt von 6% Fortschritt auch für die Zukunft in die Hand zu nehmen?
Braucht es heute wirklich Polemik (auf die von SFS und von der Gemeinde Au im Abstimmungskampf respektvoll verzichtet wurde) damit eine Mehrheit der Abstimmenden überzeugt werden kann? Respektive bis die «Stillen und Bequemen» ihre Abstimmungsunterlagen auch ausfüllen? (Mit: «Ohh, mit diesem Resultat hätte ich nicht gerechnet!», ist kein Wettbewerb zu gewinnen.)
Hätte genannt werden müssen, …
- …mit welcher Reallohn-Einbusse bis 2032 kalkuliert wird, wenn die 6% jährliche Effizienzsteigerung auf diesem Weg erreicht werden wollen?
- …wie viel tiefer die Preise für Industrieland in Brandenburg(D) sind, und in wie vielen Jahren SFS in der Lage wäre, Teile der Produktion dorthin zu verlagern?
- …welcher Stellenabbau daraus resultieren könnte?
Nein, auf eine solche Argumentation wurde bewusst verzichtet; veränderte Zukunftsperspektiven wurden nur insofern ins Spiel gebracht, dass der oberirdische Teil einer Windturbine jederzeit wieder vollständig rückgebaut werden könnte, wenn diese effektiv als ineffizient und nicht mehr erforderlich erachtet würde.
Damit blieben die Gemeinde Au und SFS zu jedem Zeitpunkt bei einer ehrlichen und verhältnismässigen Argumentation, was das Komitee der Initianten nun leider wirklich nicht von sich behaupten kann.
Schade, dass unüberlegte Polemik mit 0.1% Stimmenunterschied gewonnen hat. – Aber vielleicht ist es auch besser so, als umgekehrt, denn das Positive kann auch aus einer Niederlage aufrecht heraus gehen.
Armin Ritter, Herisau