Mit einer Höhe von 220 Metern – 125-mal so gross wie der Durchschnittsschweizer – wird das geplante Windrad der SFS eine massive Präsenz in unserer Umgebung haben. Doch während die SFS davon profitiert, müssen die umliegenden Anwohner die Konsequenzen tragen.
Es handelt sich um ein privates Windrad – der produzierte Strom wird ausschliesslich der SFS zugutekommen. Dabei könnte die SFS bereits jetzt und auch in Zukunft fast CO₂-neutralen Strom von der SAK beziehen wie wir alle in Au / Heerbrugg auch, der grösstenteils aus Wasserkraft stammt und nahezu CO2-frei ist. Wo die SFS ihren Strom bezieht entzieht sich meiner Kenntnis, da Unternehmen dies wählen können. Die tatsächliche ökologische Notwendigkeit dieses Windrads ist daher mehr als fraglich.
Besonders stossend ist, dass die Mitarbeitenden der SFS nach Feierabend einfach nach Hause gehen und von dem Windrad nichts mehr mitbekommen. Sie sind nicht zum Entspannen oder Schlafen in der Firma – aber wir Anwohner sind immer hier. Wir sehen das Windrad nicht nur tagsüber, sondern auch am Abend, in der Nacht, an den Wochenenden. Beim Entspannen im Garten, beim Sonnen auf dem Balkon oder wenn wir einfach aus dem Fenster schauen. Während die SFS-Mitarbeitenden den Feierabend geniessen, sollen wir mit den negativen Folgen leben.
Dazu kommt ein weiteres Problem: In vielen Ländern gibt es zahlreiche Studien, die belegen, dass Immobilien in der Nähe von Windrädern massiv an Wert verlieren. Wer möchte schon neben einem 220 Meter hohen Windrad wohnen? Während die SFS also von günstigem Strom profitiert, drohen den Anwohnern Wertverluste bei ihren Häusern und Wohnungen. Die nächsten Häuser sind nur 257 Meter weg. Wer entschädigt uns dafür?
Weiterhin irritierend ist, dass der Kanton selbst den Standort der SFS gar nicht als geeignet für Windkraft ausgewiesen hat. Der Grund ist simpel: Es gibt dort schlichtweg zu wenig Wind. Der Kanton hat andere Standorte definiert, an denen Windkraft sinnvoll wäre – doch die SFS gehört nicht dazu. Warum wird also ausgerechnet hier gebaut?
Statt an einem windarmen Standort in der Schweiz ein Windrad aufzustellen, das kaum etwas zur Energiewende beiträgt, wäre es doch viel sinnvoller, dort Windkraft zu fördern, wo sie tatsächlich einen Unterschied macht. Wie sieht es mit der Energieversorgung der SFS in anderen Ländern aus? In China, wo der Strommix noch stark von Kohlekraft dominiert wird, könnte Windkraft tatsächlich eine entscheidende Rolle spielen. Wird dort auch investiert? Oder ist es doch eher eine Imagefrage, wenn hier bei uns ein riesiges Windrad aufgestellt werden soll – auf Kosten der Anwohner?
Auffällig ist auch, dass viele der lauten Befürworter dieses Projekts nicht in direkter Nähe wohnen und daher von den negativen Auswirkungen nicht betroffen sind. Gleichzeitig fliegen nicht wenige von ihnen regelmässig mit dem Flugzeug in die Ferien – ein ökologischer Fussabdruck, der den positiven Effekt eines einzelnen Windrads um ein Vielfaches übersteigt. Wäre es nicht konsequenter, Standorte für Windkraftanlagen dort zu suchen, wo die Unterstützer selbst wohnen und nicht dort, wo sie nur den Anwohnern zugemutet werden?
Es ist an der Zeit, sich zu fragen, ob die Interessen eines einzelnen Unternehmens über die Lebensqualität einer ganzen Nachbarschaft gestellt werden dürfen.
Stephan Englisch, Au