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Oberriet
22.10.2023
22.10.2023 09:40 Uhr

«Booster für den Schweizer Sport»

Karl Molitor aus Wengen gewann an den letzten Olympischen Winterspielen in der Schweiz (1948, St.Moritz) Bronze in der Abfahrt
Karl Molitor aus Wengen gewann an den letzten Olympischen Winterspielen in der Schweiz (1948, St.Moritz) Bronze in der Abfahrt Bild: Keystone
Die Schweiz will 2030 nach 82 Jahren wieder Olympische Winterspiele durchführen. Macht das Sinn? Der Oberrieter Nationalrat Roland Rino Büchel (SVP) kann sie sich hier vorstellen – unter zwei Bedingungen.

Es ist schon gut zehn Jahre her, doch die Fernsehsendung «SRF-Arena vor Ort» aus St.Moritz bleibt unvergessen: Bei zweistelligen Minustemperaturen standen sich die Befürworter der Olympischen Spiele St.Moritz 2022 und die Gegner in einer hitzigen Debatte gegenüber. Roland Rino Büchel nahm die Argumente der Pro-Seite damals trotzdem in aller Ruhe auseinander.

Roland Rino Büchel, Sie waren einer der Hauptgegner der Olympischen Winterspiele St. Moritz 2022, die nach den Plänen der Promotoren und vieler Politiker in Graubünden (anstatt in Peking 2022) hätten durchgeführt werden sollen.

Die Bündner Stimmbürger wollten die Spiele nicht.

Kam es nicht deshalb so heraus, weil Leute wie Sie gegen den Event weibelten?

Damals hätten mich einige der grössten Befürworter am liebsten auf den Mond geschossen. Im Nachhinein waren sie dann froh, dass sie die Wettkämpfe nicht durchführen mussten.

Warum?

Ob mit oder ohne Zuschauer: Es wäre bei uns schlicht unmöglich gewesen, den Anlass während Corona zu organisieren. Aber Olympische Winterspiele wären im Jahr 2022 auch unter normalen Umständen eine zu grosse Kiste für St.Moritz und Davos gewesen.

Wie ist Ihr Verhältnis mit den damaligen Befürwortern heute?

Viele sind auf mich zugekommen und haben mir gesagt, dass sie im Laufe der Jahre auch zum Schluss gekommen sind, dass ich damals nicht daneben lag.

Swiss Olympic verkündet nun, dass solche Spiele auch die Kraft hätten, die Schweiz vorwärtszubringen.

Übertreiben sollte man es schon nicht. Solche Anlässe können etwas zum Zusammenhalt im Land beitragen. Dafür müssen sie einwandfrei vorbereitet sein und gut durchgeführt werden. Und, ganz wichtig, die Menschen im Land dürfen nicht den Eindruck haben, dass sie vom Olympischen Komitee über den Tisch gezogen werden.

Über den Tisch gezogen?

Es geht vor allem um die Umwelt und um das Geld, und zwar um dasjenige der Steuerzahler im Veranstaltungsland.

Dr. Urs Lehmann, Präsident von Swiss Ski sagt, dass die Schweiz in der «glücklichen Lage» sei, bereits über fast alle benötigten Infrastrukturen zu verfügen. Eine Übertreibung?

Nein. Seine Aussage trifft sowohl auf die Sportstätten als auch auf die Unterkünfte zu. Nicht zu vergessen ist auch das vergleichsweise leistungsfähige Verkehrsnetz.

Lehmann will nicht bloss einen unvergesslichen Sportanlass, sondern ein nachhaltiges Impulsprogramm für die Schweiz und den Schweizer Sport.

Ich glaube nicht, dass ein solcher Anlass ein «Impulsprogramm» für die Schweiz ist. Ein Booster für den Schweizer Sport hingegen, das wären hiesige Olympische Winterspiele sehr wohl.

Haben Sie politisch oder beruflich mit Swiss Olympic oder mit Urs Lehmann zu tun?

Nein, ich bin absolut unabhängig in dieser Sache. In den Neunzigerjahren war ich jedoch während sieben Jahren Sponsoringleiter beim Schweizerischen Skivervband.

Eben: Der ehemalige Abfahrer Urs Lehmann ist heute Präsident von Swiss Ski …

… aber nicht von Swiss Olympic. Deshalb ist er nicht der Chef-Promotor der Spiele. Etwas hingegen, ist er definitiv, nämlich ein Mann, der an Widerständen wächst. Dank dieser Qualität gewann er vor 30 Jahren Abfahrts-Goldmedaille an der WM in Morioka Shizukuishi. Damals führten der Altstätter Victor Rohner und ich das Swiss Chalet, den Treffpunkt der Athleten aller Länder.

Damals sollen diese «Swiss Chalets» im Wintersport fast schon Kultcharakter gehabt haben. Weshalb?

Sie sind offenbar so geführt worden, dass dies von vielen Seiten geschätzt wurde. Ob Fans, Pistenarbeiter, Olympiasieger, Prinzen oder Könige, bei uns wurden alle gleich behandelt.

Wie denn?

Wir waren unkompliziert und gut gelaunt. Uns standen jeweils nur Mini-Budgets zur Verfügung. Auch wenn es nicht immer einfach war; genau diese Mittelknappheit war die Grundlage für den Erfolg. Herzblut ist bei solchen Projekten wichtiger als Geld. Unvergessen ist auch die Party nach dem Sieg von Urs Lehmann. Zusammen mit seiner Ausrüsterfirma Salomon hatte er alles für den Erfolg getan. Hartes Arbeiten täte dem einen oder anderen in diesem Land auch wieder einmal gut, gerade in der Politik.

Da müssen Sie konkreter werden.

Unsere Gesellschaft wird nach und nach verweichlicht. Es gibt zu viele Theoretiker, immer mehr Bling-Bling und zu wenig konkrete Leistung, gerade in der Politik.

Heute sind Eidgenössische Wahlen. Wenn die Leute politisch etwas verändern wollen, können sie das tun. Aber was soll die Organisation von Olympischen Winterspielen für einen Einfluss auf den Zustand der Schweiz haben?

Mit einem derartigen Anlass kann man der Welt die sympathische Seite unseres Landes zeigen.

Wie werden Olympische Winterspiele in der Schweiz zu einem Erfolg?

Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass es mit der Schweiz zum ersten Mal überhaupt ein «Host Country» wäre, das den Anlass durchführt. Und eben nicht, wie bisher immer, eine «Host City».

Dieser «Host City»-Ansatz war Ihr Hauptkritikpunkt bei «St. Moritz 2022».

Seien wir ehrlich: Das wäre damals ja ein «Host Dorf» gewesen. Mit Peking wurde es dann eine «Host Mega City».

Was braucht es, neben dem «Host Country»-Ansatz, noch für eine erfolgreiche Durchführung eines derartigen Mega-Events?

Ohne Klarheit gegenüber dem IOC geht es nicht. Wenn sich herausstellt, dass dessen Exponenten nicht ernsthaft auf einfache Spiele nach Schweizer Art setzen wollen, dann sind die Gespräche unverzüglich abzubrechen.

Fertig? Aus?

Ja. Fertig. Aus. Dann soll sich das IOC auf die Suche nach anderen Veranstaltern machen, sowohl für 2030 als auch 2034.

rheintal24/stz.