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Wahlen 2023
09.10.2023

«Da hole ich meine positiven Gedanken zurück»

Die Balgacherin Dr. Karin Hasler kandidiert für den Nationalrat
Die Balgacherin Dr. Karin Hasler kandidiert für den Nationalrat Bild: Ulrike Huber
Die Balgacher Kantonsrätin Karin Hasler kandidiert auf der Liste der SP für den Nationalrat. Rheintal24 hat mir ihr über ihre Anliegen, Ziele und Wünsche gesprochen.

Karin Hasler, selbst zweifache Mutter, ist in Balgach und im Kantonsrat als streitbarer Geist bekannt. Im positiven Sinn. Denn ihre Anliegen drehen sich meist um den Schutz der Kinder und der Natur. Wobei sie als Veganerin und begeisterte Velofahrerin mit gutem Beispiel vorangeht.

Karin Hasler: Ich liebe das Rheintal und vor allem die Natur. Deshalb haben wir auch unseren Garten renaturiert. Dieser Naturgarten ist meine Herzensangelegenheit, da hole ich meine positiven Gedanken zurück. Vorher waren da, wie in den meisten Hausgärten, nur Thujen und Rasen, da hat nichts gelebt. Jetzt wachsen verschiedenste Sträucher und Blumen und acht Apfelbäume. Alles lebt. Was zu mehr Kommunikation mit den Nachbarn, zu mehr miteinander geführt hat. Aber vor allem zeigt es mir, wie wirksam jeder noch so kleine Schritt für Artenvielfalt und Umweltschutz ist.

 

Die Kantonsrätin kennt das Leben in der Stadt, hat selbst mehrere Jahre in Freiburg und Zürich gelebt und studiert. Und stellt dem Stadtleben ein ambivalentes Zeugnis aus.

Trotz den Vorzügen bin ich in der Stadt oft gestresst. Was im Rheintal, in kleinen Strukturen schön ist, ist das Zusammenleben. Keine Anonymität wie in der Stadt. Tatsächlich existiert in der Schweiz ein Stadt-Land-Graben. Wobei es für unsere Gesellschaft wichtig ist, dass er nicht grösser wird. Dass sich beispielsweise die Kluft zur Landwirtschaft nicht vergrössert. Die Konsumenten, die Detailhändler und die Landwirte sind hier in der Verantwortung und die Politik schafft die Rahmenbedingungen, damit Arten- und Klimaschutz darin genügend Platz finden. Da wäre es doch gut, wenn auf einzelnen Feldern alternative Methoden ausprobiert würden. Oder auch kleine Veränderungen, wie etwa, dass man an den Feldrändern wieder grosse Bäume pflanzt.

 Zur ihrem Hauptthema im Wahlkampf hat Karin Hasler die zu hohen Krankenkassenprämien gemacht. Die ja 2024 wieder um etliche Prozentpunkte steigen und gerade für den Mittelstand in vielen Familien zum finanziellen Problem werden.

Keine Frage, die Prämienverbilligung muss nochmals gestärkt werden. Und es müssen endlich Anreize geschaffen werden, dass sich die Behandlungskosten nicht weiter ins Unermessliche steigern. Auch die kapitalistischen Mechanismen rund um das Gesundheitswesen und die Pharmakonzerne spielen hierbei eine zentrale Rolle.   Aber was mich am meisten stört, ist, dass die Schweiz ein reiches Land ist, und vielen Menschen oft am Ende des Monats immer weniger Geld übrigbleibt. Das Leben wird teurer. Mieten und Krankenkassenprämien steigen rasant. Die Kaufkraft ist unter Druck. Darum setze ich mich für tiefere Krankenkassenprämien. Es stört mich noch mehr, dass, weil Wirtschaftswachstum nur mit Kaufkraft geht, die rechtsbürgerlichen Parteien stets verhindern, dass Massnahmen zur Verbesserung der Kaufkraft umgesetzt werden wie beispielsweise die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP, die bald vor die Urne kommt. Ich vertrete die Anliegen der Büetzer, der Pflegenden, der Menschen ohne grosse Pensionskasse, der Benachteiligten und wenig Verdienenden.

Karin Hasler im Gespräch mit rheintal24 Bild: Ulrike Huber

Die bekennende Sozialdemokratin nimmt Fahrt auf, wenn es um die fortschreitende Spaltung der Gesellschaft geht. Um Gerechtigkeit, um Migration und Asylrecht.

Im Grunde müssten wir über Integration reden, denn die Verantwortung dafür liegt bei den Gemeinden. Hier gibt es noch sehr viel Luft nach oben. Und ganz wichtig, der «Schwarze Peter» gehört nicht, wie dies von einigen suggeriert wird, zu den Asylsuchenden. Wobei man ohnehin Migration und Asyl streng voneinander trennen muss. Das sind zwei völlige verschiedene Themen, die in der Diskussion nicht vermischt werden dürfen. Denn die Schweiz ist aus der Migration entstanden, muss offen und anpassungsfähig bleiben. Ich selbst stamme aus einer Familie mit Migrationshintergrund, bin nicht hier geboren und auch meine Kinder sind nicht rein «schweizerisch». Was das heute noch heissen mag, stelle ich sowieso in Frage. Was bringt das überhaupt noch? Wer fühlt sich besser damit, wenn man klar schweizerisch oder Migrationshintergrund ständig in den Vordergrund stellt?

Welcher Themen will sich Karin Hasler sonst noch annehmen, würde sie im Nationalrat wirken können?

Schule und frühe Förderung, Familienpolitik, Schulentwicklung und die Stärkung der psychischen Gesundheit der Jugendlichen. Jede zweite IV-Rente lässt sich mittlerweile auf psychische Ursachen zurückführen. Dramatisch ist die Zunahme bei den 18- bis 24-Jährigen. Dort erreicht der Anteil schon 70 Prozent. Er ist damit viermal so hoch wie noch vor 25 Jahren. Das zeigt, was wir brauchen: Frühe Förderung, Beratungs- und Therapieangebote, Programme für eine Stärkung der frühkindlichen Bindung zu den Eltern. Auch für Angebote in diesen Bereichen sind die Gemeinden zuständig. Dazu noch die Sozialarbeit an Schulen, Begegnungs- und Spielplätze. Es wird einiges gemacht, es könnte aber doch noch sehr viel mehr gemacht werden. Hier zeigt sich, wie breit die Aufgaben der Gemeinden sind, sind es doch genau diese, die sich vom Kanton nicht reinreden lassen möchten. Der Kanton wiederum hat das nötige Fachwissen für eine professionelle Umsetzung - eine bessere Kooperation zwischen Gemeinden und Kanton wäre wirklich wünschenswert.

Karin Hasler: «Dieser Naturgarten ist meine Herzensangelegenheit, da hole ich meine positiven Gedanken zurück.» Bild: Ulrike Huber

Die Kantonsrätin ist als Nationalratskandidatin auf der Newcomer Liste. Welche Bedeutung hat das für sie?

Am wichtigsten ist die Sichtbarkeit, die zeigt, dass die SP immer noch die zweitgrösste Partei ist. Dieses Jahr haben die Parteien extrem viele Listen zusammengestellt. Dies sorgt bei der Bürgerschaft manchmal für Kopfschütteln. Wählen ist kein einfaches Unterfangen mehr bei so vielen Möglichkeiten oder möchte man Köpfe wählen (Panaschieren). Die Logik der Listen möchte erreichen, dass auch über regionale Kandidierende Stimmen für die Bisherigen gesammelt werden. Dabei sind oft auch Leute, die bereits in anderen Ämtern tätig sind, wie ich als Kantonsrätin. Wahlwerbung mache ich über digitale Medien, mit Plakaten und verschiedenen Anlässen, wie eine Aktion mit den KlimaSeniorinnen, einem Polit-Apéro im Museum Marbach oder gemeinsam mit Barbara Gysi und anderen Kandidaten einem Filmevent im Madlen über «Schwarzarbeit».

 Und was macht Karin Hasler eigentlich, wenn sie nicht kandidiert und politisiert?

Mit meiner Firma «Prolix» bin ich als Wissenschaftscoach und mit Lektoraten tätig und erfolgreich damit. Nachdem klar wurde, dass eine Karriere an der Uni mit meinen Vorstellungen von Familie nicht zu vereinen sind, wurde ich unternehmerisch tätig, was mir viel Spass bereitet. Es ist das grösste Glück für sich selbst arbeiten zu können.. Ich liebe das Schaffen, die Politik und die Natur, aber vor allem liebe ich meine Kinder (zwei Buben, 6 und 9), deren Leben und Zukunft ich wie eine Löwin verteidige. Und zur Entspannung die Gartenarbeit, Yoga und Velofahren.

rheintal24/gmh/uh