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Oberriet
08.09.2023

Auf Werkstattbesuch beim Motorradmuseum Oberriet

Vertretungen des Stiftungsrats der Rheintaler Kulturstiftung in Fahrt (v.l.n.r.): Hans-Peter Enderli, Esther Beyeler, Christa Köppel (Präsidentin), Ursula Badrutt, Kathrin Frauenfelder, Sabina Saggioro (Geschäftsführerin); es fehlen Sabine Greiser und Carlos Martinez
Vertretungen des Stiftungsrats der Rheintaler Kulturstiftung in Fahrt (v.l.n.r.): Hans-Peter Enderli, Esther Beyeler, Christa Köppel (Präsidentin), Ursula Badrutt, Kathrin Frauenfelder, Sabina Saggioro (Geschäftsführerin); es fehlen Sabine Greiser und Carlos Martinez Bild: zVg
Während acht Jahren hat die Rheintaler Kulturstiftung zweimal jährlich Rheintaler Kulturschaffende, Künstlerinnen, Künstler sowie Kulturinteressierte zu einem KulturStammtisch eingeladen – zu einem Themen-Abend in eine Kulturinstitutionen oder einen anderweitig kulturell spannenden Ort.

Offensichtlicher Publikumsschwund hatte die Kulturstiftung zu einer Umfrage über dieses Vernetzungsformat und in der Folge zur Sistierung des KulturStammstisches bewogen. Stattdessen geht die Stiftung nun auf «Werkstattbesuche». Und berichtet davon. Zum Start aus dem Motorradmuseum Oberriet.

Der Rheintaler KulturStammtisch war die Fortsetzung des Rheintaler KulturDialogs, der seit 2011 zur Etablierung und Vernetzung der Kulturstiftung als Rheintaler Förderorganisation zu unterschiedlichen Themen ein- bis zweimal jährlich stattgefunden und den Austausch zwischen den Kulturschaffenden, Kulturveranstaltenden und der Rheintaler Kulturstiftung gepflegt hat. Um das Vernetzen leichtfüssiger zu gestalten, wechselte die Kulturstiftung zum niederschwelligeren Format KulturStammtisch, der 2015 zum ersten Male im Restaurant Habsburg in Widnau stattgefunden hat.

Nach thematischen Inputreferaten zu einem aktuellen Kulturthema konnte an wechselnden Orten offen und frei diskutiert werden, selbstverständlich mit Umtrunk und kleinem Imbiss. Nach insgesamt 13 Durchführungen – einzig während des Covid-19-Lockdowns musste auf zwei Durchführungen verzichtet werden – hat die Rheintaler Kulturstiftung entschieden, vorderhand keine weiteren KulturStammtische mehr anzubieten.

Wie weiter mit der Vernetzung und Kontaktpflege?

Der an insgesamt über 700 Newsletter-Empfänger:innen versandte Fragebogen zur Zukunft des KulturStammtischs hat einen knappen Rücklauf an Antwortbögen von 20 Personen ergeben, wobei fast die Hälfte davon selber noch nie an einem KulturStammtisch teilgenommen hat (oder teilnehmen konnte). Der ernüchternde Ertrag der Umfrage bestätigte die Beobachtung des schwindenden Interesses an dieser Form von Austausch, wobei sich eine Mehrheit der Antwortenden mit dem Format zufrieden äusserte.

Dennoch war es der Kulturstiftung wichtig, sich Gedanken zu neuen Möglichkeiten des öffentlichen Austauschs machen. Um dennoch über die finanzielle Förderung hinaus mit den Kulturinstitutionen und Kulturschaffenden auf einer ungezwungenen Ebene den Kontakt zu pflegen, wird die Rheintaler Kulturstiftung künftig im Rahmen ihrer ordentlichen Sitzungen mindestens zweimal im Jahr bei einer Institution, in einem Proberaum oder in einem Atelier als «Werkstattbesuch» zu Gast sein und über den Besuch und die Gastgeberinnen und Gastgeber berichten. Den Anfang hat nun das Motorradmuseum Oberriet gemacht.

Josef Wüst, Initiator und Inhaber Motorradmuseum Oberriet mit einer seiner Motosacoche Bild: zVg

Motosacoche als Start- und Starstück

Engagement und Leidenschaft sind grossgeschrieben im Museumsprojekt von Josef Wüst. Er selber spricht von «Herzblut» und «Bubentraum». Seine erste Maschine kaufte er mit zwölf Jahren, eine Motosacoche. Das Genfer Unternehmen, das bis zum zweiten Weltkrieg europaweit der grösste Hersteller von Einbaumotoren war, liess 1900 einen Motor patentieren, der mit wenigen Handgriffen an ein herkömmliches Fahrrad montiert werden konnte.

Heute besitzt Josef Wüst mehrere Motosacoche, alles verschiedene Typen, alle in der Markenfarbe Khaki, die nun im Logo des Museums weiterlebt. Eine andere Rarität ist eine Buratti, Ponti et Roch (BPR) von 1928, die mit einer Ladefläche versehen ist – eine Vorform des heutigen Quads. Schwerpunkt der Sammlung bilden Motorräder aus Schweizer Produktion aus den 1930er-Jahren und somit vorwiegend Pionierobjekte. Das älteste ist von 1916. Fast alle seien fahrtüchtig, betont der Inhaber, der selber schon lange nicht mehr Motorrad fährt. Es fehle ihm leider die Zeit.

Bubentraum soll Kulturgut werden

Als gelernter (Poly-)Mechaniker kennt Josef Wüst nicht nur alle technischen Details, er hat auch sämtliche Motorräder selber repariert. Pro Motorrad könne das schon mal an die 500 Stunden in Anspruch nehmen. Die liebevolle Pflege ist den Objekten anzusehen. Und die Freude an diesem Tun und Wissen dem stolzen Besitzer. «Ich habe ein Mechanikerherz», sagt er. Er weiss aber auch über die Geschichte und Herkunft der einzelnen Motorräder bestens Bescheid.

Das 2021 eröffnete und mit Unterstützung der Rheintaler Kulturstiftung und des Lotteriefonds aufgebaute Museum betreibt er ehrenamtlich und in der Freizeit. Beruflich arbeitet er als Dozent und Lehrgangleiter am Zentrum für berufliche Weiterbildung in St.Gallen und Sargans. Seine Karriere als Berufsmilitär in Bern habe er aufgegeben, als sein Vater erkrankte und er zurück ins Rheintal zog. Er entschied sich für eine weitere Ausbildung und wurde Wirtschaftsingenieur. Der Vater starb noch während seines Studiums. Dass er sein Hobby und seine Leidenschaft nun in einem Museum verwirklichen konnte, macht ihn sichtlich stolz.

Wissen und Freude weitergeben

Zur Sammelleidenschaft gehört auch die Fachliteratur, die im Obergeschoss des Hauses am Ortsrand von Oberriet untergebracht ist, sowie Nummernschilder. Als diese 1932 eingeführt wurden, montierte man das vordere Schild längs auf dem Schutzblech – aerodynamisch einleuchtend, aber, so zeigten zahlreiche Unfälle, eine grosse und oft tödliche Verletzungsgefahr. Einmal im Monat ist das Motorradmuseum geöffnet und frei zugänglich. Oder nach Vereinbarung – es ist auch sehr geeignet für Anlässe aller Art, so zum Beispiel für eine Fördersitzung der Rheintaler Kulturstiftung mit anschliessender Weiterbildung zum Thema Motorrad als Kulturgut.

Josef Wüst legt Wert darauf, mit anderen Museen und Fachpersonen in Verbindung zu stehen. Aufgrund der Teilnahme an «Reiseziel Museum – Entdeckungsreise für die ganze Familie» hat ORF Vorarlberg gar einen Fernsehbericht im Motorradmuseum gedreht. Kindern und Erwachsenen die Leidenschaft weiter zu geben, ist dem Museumsbetreiber ein grosses Anliegen. Auch die Stiftungsratsmitglieder der Rheintaler Kulturstiftung konnte er faszinieren und begeistern. Weitere Infos: https://motorradmuseum.ch/

pd/rheintal24.ch