Was war das denn für ein Fussballrausch, der da am Sonntag über die Aegeten hinwegfegte? 6350 Besucher feierten eine gigantische Fussballparty. Und natürlich «ihre» Widnauer Cuphelden, die mit ihrem unermüdlichen Einsatz den FC St.Gallen an den Rand einer Blamage trieben. Die zur Pause nach dem «Tor des Jahres» durch Timo Faleschini noch mit 1:0 führten. Und die durch den überragenden Stefano D`Amico kurz nach dem Führungstreffer noch die Chance auf das 2:0 hatten.
Nach dem Fussball ist vor dem Feiern
Video: Ulrike Huber
Beinahe übermenschlicher Reflex
Was wäre das für ein Tollhaus geworden, hätte FCSG-Goalie Lukas Watkowiak den D`Amico-Schuss nicht mit einem beinahe übermenschlichen Reflex zunichte gemacht? Denn schon die 1:0 Führung reichte, dass St.Gallens Präsident Matthias Hüppi in der grün-weissen Kabine eine zornige Gardinenpredigt hielt. In einer Lautstärke, dass die Widnauer Spieler durch die Wand mithören konnten.
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Und auch St.Gallens Trainer Peter Zeidler machte einen deutlich angesäuerten Eindruck. Wie gross seine Anspannung angesichts des 0:1 Rückstands seiner Profitruppe war, zeigte sich beim Ausgleichs- und dann Führungstreffer seines Teams, als er mit ekstatischem Jubel seiner Erleichterung Luft machte. Nicht auszudenken, welche Diskussionen über den Trainer ein Sieg der Widnauer und damit das frühe Ausscheiden aus der Cup-Hauptrunde in St.Gallen ausgelöst hätten.
Hätte, wäre, täte…
Was wäre gewesen, wenn die Blau-Weissen mit 2:0 zur Halbzeit geführt hätten? Wären die St.Galler noch nervöser geworden, als sie es ohnehin schon waren? Hätten die Widnauer dann vielleicht das Unmögliche geschafft und den Match sogar für sich entschieden. Hätte, wäre, täte… Die Diskussionen unter den Fans drehten sich lange über dieses Thema. Aber egal, auch so haben die Jungs von Trainer Andreas Lüchinger das Match ihres Lebens abgeliefert. Einen Match, der wohl den Stoff für weitere Legendenbildung auf der Aegeten liefern wird.
Auch so wurde den Aegetenboys begeistert applaudiert, als sie wie die «Grossen» nach dem Spiel eine Ehrenrunde absolvierten. Und auch so wurde dann nach dem Spiel noch prächtig abgefeiert. Sowohl im VIP-Zelt, als auch im grossen Festzelt, wo die Partyband «Wolkenbruch» die Stimmung noch zusätzlich anheizte. Wo bei dem bei der herrschenden Hitze besonders gut kühlenden Gerstensaft und vielen Bratwürsten, Pommes und Schnitzelbrötchen das Spiel noch einmal im Detail diskutiert wurde.
Auf die Schultern geklopft
Da liess man die Cuphelden noch einmal hochleben. Klopfte den beiden auffälligsten Spielern Dario Faleschini und Leo Hetzel und allen anderen Blau-Weissen auf die Schultern. Das war eine Niederlage wie ein grosser Sieg! Besonders zu reden gab die Tatsache, wie der erst siebzehnjährige Torhüter Leo Hetzel die grün-weissen Stürmer mit seinen phantastischen Grosstaten zur Verzweiflung getrieben hatte. Wobei gerade die Nominierung von Hetzel anstatt des für diese Saison als Nr.1-Goalie geholten Maximilian Lang das Fingerspitzengefühl des Trainerteams und die familiäre Atmosphäre beim FC Widnau demonstrierte.
Angesprochen darauf, warum er Hetzel zwischen die Pfosten gestellt hat, gab Trainer Andreas Lüchinger gerne Auskunft: «Leo hat mit seinen grossartigen Leistungen Ende der Vorsaison erst den Weg des Teams in die erste Cup-Hauptrunde geebnet. Da war es doch selbstverständlich, dass wir ihn auch die Früchte seiner Arbeit ernten lassen.» Und das junge Goalietalent dankte es mit einer sensationellen Leistung.
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Der immensen Hitze getrotzt
Was auffallend war? Wie die Spieler des FC Widnau sich gegenseitig lobten. So etwa Timo Faleschini, der immer wieder darüber sprach, wie sich jeder für jeden aufgeopfert hat. Wie das ganze Team der immensen Hitze getrotzt hat. Wie anstregend der Match für alle gewesen sei. Und wie jeder sein Letztes gegeben habe. «In der zweiten Halbzeit habe ich zu meinem direkten Gegenspieler gesagt, ich sei noch nie so fertig und erschöpft gewesen. Dies sei das härteste Spiel meiner Laufbahn. Worauf der St.Galler Profi geantwortet hat, dass es ihm genau gleich gehe.»
Co-Trainer Daniel Lüchinger, der aufgrund seiner roten Karte vor Wochenfrist im Cupspiel gegen die Young Boys Basel nicht auf der Trainerbank Platz nehmen durfte, war bei der grossen Party auch schon wieder guter Dinge und attackierte seine Spieler und die anwesenden Fans mit einer Sprühflasche voll mit «Berliner Luft». «Unsere Leistung war einfach nur sensationell».
Perfekt funktionierende Infrastruktur
Einer Ansicht, der sich alle feiernden Fans, Gönner und Sponsoren gerne anschlossen. Der FC Widnau kann mit Stolz auf diesen Event zurückblicken. Stolz auf die fussballerische Leistung, aber auch stolz auf die prächtige Organisation. Auf die Tatsache, dass ein Fussballfest in euphorischer, aber friedlicher Stimmung über die Bühne gegangen ist.
Dass es gelungen ist, innert kurzer Zeit eine perfekt funktionierende Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Und wohl viele der 6350 Zuschauer sich künftig auch die Spiele des Fanionteams in der 2. Liga Interregional werden anschauen wollen.