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Eichberg
19.08.2020

Eichberg: ein kleines Dorf trotzt Mobilfunkriesen

Der künftige Mobilfunkstandard 5G erlaubt atemberaubende Übertragungsraten und Anwendungsmöglichkeiten (Symbolfoto: Shutterstock)
Der künftige Mobilfunkstandard 5G erlaubt atemberaubende Übertragungsraten und Anwendungsmöglichkeiten (Symbolfoto: Shutterstock) Bild: Shutterstock
Wie das kleine Asterix-Dorf gegen die Römer, so kämpfen derzeit Eichberger Bürger gegen die Aufstellung von 5G-Netz-Funkantennen.

Es ist mittlerweile eine im ganzen Schweizer Rheintal bekannte und gerne an den Stammtischen diskutierte Geschichte: Ein streitbarer Haufen Eichberger Bürger wehrt sich gegen die Errichtung von Funkantennen, mit denen das moderne und derzeit weltweit im Ausbau befindliche 5G-Mobilnetz betrieben werden soll.

 

Die bisherige Geschichte der Eichberger 5G-Verweigerung ist ja bekannt: Die von der Swisscom geplante Mobilfunkantenne war ursprünglich auf einem Mehrfamilienhaus im Eichpark vorgesehen. Es wurde an die Gemeinde ein Antrag gestellt, der Gemeinderat möge der Swisscom einen Standort am Hoch-Kapf in einiger Entfernung von Wohnhäusern schmackhaft zu machen. Die Mobilfunkbetreiber zeigten Verständnis und stellten ein entsprechendes Baugesuch. Doch gegen dieses Baugesuch hagelte es mehr als 600 Einsprachen. Martin Kötter, der Wortführer der Mobilfunkgegner, wollte letztlich sogar, dass überhaupt kein 5G-Sender in Eichberg errichtet wird. Und begann mit seinen Mitstreiter Unterschriften für eine Petition in diesem Sinne zu sammeln.

1522 Einwohner und 1107 Unterschriften

Mit überwältigendem Erfolg. Denn es kamen 1107 Unterschriften zustande. In einem Dorf mit gerade einmal 1522 Einwohnern. Da haben augenscheinlich nicht nur stimm- und wahlberechtigte Eichberger unterschrieben. In der Petition wird die Forderung gestellt, «dass der Gemeinderat sich kundig macht und alle kreativen, taktischen und rechtlichen Möglichkeiten ausschöpft», um Alternativen zur Mobilfunkantenne zu prüfen.

Die Antennengegner betonen in ihrer Petition, dass es für einen ausreichend guten Handyempfang keine 5G-Antenne brauche. Um diesen zu erreichen, schlagen sie den Ausbau des Glasfasernetzes vor. Es ist anzunehmen, dass der Gemeinderat bei der Problemlösung vorerst diese Variante prüft.

Die Anliegen und das Vorgehen prüfen

Gemeindepräsident Alex Arnold zu dieser für die an die gesetzlichen Vorschriften gebundenen Entscheidungsträger der Gemeinde: «Grundsätzlich ist es erfreulich und zu begrüssen, dass sich die Bevölkerung für ihre Anliegen einsetzt. Wie weit dieser Einsatz gehen darf, möchte ich nicht kommentieren, das wird wohl unterschiedlich beurteilt. Sicher ist, dass es aktuell etwas einseitig aus Eichberg «tönt» und der Gemeinderat hat die Aufgabe zu beurteilen, wie damit umgegangen wird und welche anderen Bedürfnisse im Dorf eben auch noch bestehen, die dem entgegenstehen. Wir werden nun die beiden Anliegen und das weitere Vorgehen dabei prüfen.»

Kommentar der Redaktion:

Ein streitbarer Haufen Eichberger Bürger wehrt sich gegen die Errichtung von Funkantennen, mit denen das moderne und derzeit weltweit im Ausbau befindliche 5G-Mobilnetz betrieben werden soll. Mit unglaublichen Transferraten. Da fliegen die Gigabytes in nicht mehr fassbarer Geschwindigkeit hin und her und machen auch ohne kostenintensive Glasfasernetzverlegungen für jedermann einen ultraschnellen Internetempfang, nicht nur für Mobiles, sondern auch für Laptops, Tischcomputer und TV möglich.

Aber was stört die tapferen Eichberger, die sich der vermeintlichen Übermacht von Swisscom, Sunrise und Co. entgegenstellen, denn so an diesem neuen Mobile-Empfangsstandard? Ist es das Nichtgreifbare von Radiowellentechnik? Ist es das für Nichtwissenschaftler Unfassliche des physikalischen Vorgangs? Oder sind es diffuse Ängste und mit objektiven wissenschaftlichen Beweisen nicht untermauerbare Bedenken, mit denen aus vermeintlicher Rücksicht um die eigene Gesundheit den in dieser Sache neutral oder positiv denkenden Mitbürgern eine Zukunftstechnik vorenthalten werden soll?

Ob Befürworter oder Gegner, jeder hat seine für ihn selbst mit Sicherheit richtigen und stimmigen Argumente. Die Eichberger 5G-Verweigerer haben jedenfalls eine Petition an den Gemeinderat eingereicht, wonach sich die Gemeinde mit der Errichtung eines kommunalen Glasfasernetzes beschäftigen soll. Und es wurde das Anliegen gestellt, den Bau von Mobilfunkmasten mittels Planungszone vorerst zu verhindern.

Wunschdenken? Denn schliesslich gilt in der Schweiz das Legalitätsprinzip. Es besagt gemäss Art.5 Abs.1 der Bundesverfassung, dass die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund von Gesetzen ausgeübt werden kann. Jeder Verwaltungsakt, wie etwa die Festsetzung von Planungszonen oder die Bewilligung der Verlegung von Glasfaserkabeln, muss durch ein vom Gesetzgeber erlassenes Gesetz gedeckt sein. Denn zweifellos haben sowohl die Betreiber der Mobilfunknetze als auch die Grundbesitzer der mit Glasfaserkabel zu durchquerenden Grundstücke ihre Rechte. Genauso wie die um ihr Wohlbefinden fürchtenden Gegner der Funkantennen. Wenn beide Seiten unnachgiebig bleiben, wird letztlich wohl vor Gericht in jahrelangen kostspieligen Prozessen ein von oben oktroyierter Interessensausgleich gefunden werden müssen. Was man sich mit ein wenig Vernunft und weniger Emotion auch ersparen könnte.

Dr. Gerhard Huber, Chefredaktor

 

gmh/uh
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