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Schwierige Aufgabe für die Bauern

Die Hauptaufgabe der Katze ist das Mausen (Bilder: Ulrike Huber)
Die Hauptaufgabe der Katze ist das Mausen (Bilder: Ulrike Huber) Bild: Ulrike Huber
In der Schweiz leben nach Schätzungen der Futtermittelindustrie und der Tierschutzvereinigungen etwa 1,5 Millionen Katzen. Darunter sind rund 200´000 herrenlose Streunerkatzen, meist aus unkontrollierter Vermehrung.

Es ist immer wieder ein Bild für Götter. Ein Rudel Katzen, das nach der Zufütterung durch die Bäuerin in der Sonne döst. Zufrieden halten die gut genährten nützlichen Mäusejäger ihre Schnurrbarthaare in den lauen Frühlingswind, blinzeln mit halbgeschlossenen Augen den wärmenden Sonnenstrahlen entgegen. Und freuen sich sichtlich ihres Lebens und der wohldosierten Streicheleinheiten ihrer Besitzer. So sollte es sein.

Unkontrollierte Populationen

So ist es aber leider nicht immer. Denn es gibt unter den rund 1,5 Millionen maunzenden Vierbeinern in der Schweiz etwa 200´000 streunende, wildlebende Exemplare. Die sich Tag für Tag in unkontrollierten Populationen in Schrebergärten, auf verlassenen Fabrikgeländen, in städtischen Parks oder auch auf Bauernhöfen mit ansteckenden Krankheiten, Pilzbefall oder Parasitenerkrankungen durch ihr meist kurzes Leben quälen. Verwahrlost, hungrig und krank. Um es klar zu sagen: Wir haben in der Schweiz ein Katzenstreunerproblem. Doch was ist der Grund für diese vielen herrenlosen Katzen?

Eine der Hauptursachen ist die Tatsache, dass bei weitem nicht alle Katzenhalter ihre Freigängerkatzen kastrieren oder sterilisieren lassen. Diese sorgen dann laufend mit herrenlosen, unkastrierten oder unsterilisierten Tieren für weiteren Nachwuchs. Ganz entgegen dem Wortlaut der Schweizer Tierschutzverordnung, die ausdrücklich festhält, dass die Tierhaltenden alles Zumutbare tun müssen, um zu verhindern, dass sich ihre Tiere übermässig vermehren (Art. 25 Abs.4 TSchV). Jeder, der seinen freilaufenden Mäusefänger nicht von seinen Hoden oder Eierstöcken befreien lässt, verstösst gegen diese gesetzlichen Bestimmungen. Denn das Paarungsverhalten geschlechtsreifer Freigängerkatzen unter Kontrolle zu haben ist dasselbe, wie einen Sack Flöhe zu hüten. Nämlich schlicht unmöglich.

Dr. Andreas Büchel, Tierarzt aus Oberriet, erzählt über die Kastration wildlebender Katzen (Foto: zVg) Bild: zVg

Rasante Vermehrung

Katzen vermehren sich rasant. Eine weibliche Katze kann jedes Jahr zwei bis drei Würfe mit mehreren Jungkätzchen gebären. Ihr ganzes Leben lang. Bereits mit sechs bis acht Monaten setzt die Geschlechtsreife ein. So könnte theoretisch nach einer Berechnung der Tierschutzorganisation NetAP aus einem einzigen Katzenpaar in zehn Jahren über 80 Millionen Katzen hervorgehen. So werden natürlich auch viele kleine Kätzchen, gerade erst geboren, von gefühllosen Leuten, die Tiere immer noch als „Sache“ begreifen und sie nur nach ihrer Nützlichkeit beurteilen, ersäuft, erschlagen oder erstickt.

Auch die Bauern sind gemäss der bereits angeführten Bestimmung der Tierschutzverordnung in der Pflicht, ihre Hofkatzen durch einen Tierarzt unfruchtbar machen zu lassen, um deren Bestand unter Kontrolle zu halten und keine Streuner zu produzieren. „Das ist eine super schwierige Aufgabe für die Bauern“, erzählt Tierarzt Dr. Andreas Büchel von der Tierpraxis Sonderer und Büchel aus Oberriet SG, „Denn wenn nicht der komplette Katzenbestand auf einem Bauernhof kastriert und sterilisiert wird, dann kann man die Vermehrung kaum kontrollieren.“ Denn immer lassen sich paarungsbereite Kätzinnen von rolligen Katern decken. Zum Jüngeln verstecken sie sich dann irgendwo in einem abgelegenen Stallteil. Und schon nach drei bis vier Monaten sind die Jungkatzen dann ohne Sozialisierung zum Menschen komplett wild. Durch die mangelnde Prägung wird es unmöglich sein, diese Tiere als Hauskatzen zu halten. Sie bleiben ihr Leben lang scheu, übervorsichtig und ängstlich.

 Meistens zahlt der Tierschutz

„In unserer Tierpraxis sind wir sehr oft mit dem Problem der Kastration wildlebender Katzen konfrontiert, da wir eng mit dem örtlichen Tierschutz zusammenarbeiten, die uns die Tiere bringen“, berichtet Dr. Andreas Büchel aus seinen Erfahrungen, „Meistens zahlt dann auch der Tierschutz, oft aber auch andere Organisationen.“ Seine Erfahrungen mit den auf dem Bauernhof lebenden Katzenrudel und deren Halter sind unterschiedlich: „Die meisten Menschen sind sehr pflichtbewusst und kennen die gesetzliche Vorschrift, dass man als Tierhalter auch für die kontrollierte Vermehrung zuständig ist. So kommen immer wieder auch Bauern mit dem Wunsch, ihren Katzenbestand zu behandeln, zu uns.“

Wobei die Kastration, die aus hygienischen Gründen in der Tierarztpraxis erfolgen muss, an sich schnell und problemlos und unter Betäubung abläuft. Den männlichen Tieren werden mit einem kleinen Schnitt, der oft nicht einmal genäht werden muss, die Hoden entfernt. Aber auch bei den Weibchen ist der Eingriff schnell vorbei. Durch einen nur wenige Zentimeter langen Schnitt werden die Eierstöcke entfernt. Die Wunde wird dann mit langsam resorbierbaren Fäden aus starkem modernen Nahtmaterial in einer mehrschichtigen Naht in der Muskelschicht, Unterhaut und Haut genäht, sodass es der Katze nicht möglich ist, sich selbst die Fäden zu ziehen.

  • Jede Katze hat ihren eigenen Charakter Bild: Ulrike Huber
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  • Im Stall kann man gemütlich chillen... Bild: Ulrike Huber
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  • Bei der Zufütterung versammelt sich die ganze Rasselbande Bild: Ulrike Huber
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  • Jeder Bissen wird sorgfältig bewacht Bild: Ulrike Huber
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Ärzte zeigten Kulanz

Und die Kosten? „Sind natürlich sehr unterschiedlich“, so Tierarzt Büchel, „hier im St. Galler Rheintal konkurrieren wir natürlich mit den österreichischen Kollegen und sind mit 90 Franken für die Kastration und 186 Franken für eine Sterilisation etwas günstiger als der schweizweite Durchschnitt.“ Wobei gerade bei „Kastrationsaktionen“ oft auch Tierschutzorganisationen einen Beitrag leistet und die Ärzte Kulanz zeigen. Was auch Milchbauer Markus Steiger aus Oberriet, der jüngst seinen ganzen, insgesamt 15 Samtpfoten umfassenden Katzenbestand behandeln liess, bestätigen kann: „Der Tierschutzverein Rheintal hat mir unaufgefordert einen Zustupf gegeben und der Tierarzt für die eineinhalb Tage dauernde Aktion fünfzig Prozent Rabatt eingeräumt. Diese Aktion war unbedingt notwendig. Denn bisher hatte ich mit dem jährlichen Jungkatzennachwuchs immer wieder meine Bekannten „beglückt“. Doch jetzt war mein Bekanntenkreis katzengesättigt. Mit den vom Tierschutz entliehenen Lebendfallen wurden alle unsere Hofmäusejäger eingesammelt. Ich bin froh, das erledigt zu haben, denn man ist für alle Tiere auf dem Hof verantwortlich.“

gh/uh