Ja, wer hätte das gedacht? Dass sich so viele Menschen dafür interessierten, wie mit einer über 300 Jahre alten «Maschine», nämlich einem alten, mächtigen Torkelbaum der Saft aus den vor einigen Wochen eingemaischten Blauburgundertrauben des Rheintals gepresst wird. Der Verein VINUM hatte als Veranstalter eingeladen. Und viele, sehr viele waren der Einladung gefolgt.
Volles Haus beim Druckfest im Torkel
Was Magen, Herz und Seele erfreut
Vor dem Torkel zu Berneck war ein richtiges Festgelände eingerichtet worden. In einem Festzelt waren die Besucher vor dem Unbill des Wetters geschützt. Und konnten sich holen, was Magen, Herz und Seele erfreute. Die Festwirtschaft bot nämlich allerlei spezielle Gerichte. Von der Gerstensuppe über den Fackelspiess bis zum Raclettebrot.
Ja sogar ein Spanferkel drehte sich langsam an einem langen Spiess über Holzkohlefeuer. Das Druckfest war ein Fest für Gross und Klein. Die Pfadfinder buken Schlangenbrot und bauten Rebholztürme. Und der Bernecker Küfer Martin Thurnheer zeigte vor Ort, wie er mit Feuer und Wasser die einzelnen Teile eines Holzfasses so biegsam macht, dass sie in die Fassringe passen.
In voller Stärke versammelte Torkelmannschaft
Doch der wichtigste Teil des Geschehns spielte sich im alten Torkel drinnen ab. Wo die in voller Stärke versammelte Bernecker Torkelmannschaft am Werk war. Wo schon am Freitagabend ein Probelauf, eine richtige Generalprobe stattgefunden hatte. Um auszutesten, ob der alte Torkel noch funktioniert.
Was selbstverständlich der Fall war. Und so schöpften die Mannen unter der fachkundigen Leitung des Torkelmeisters das Traubengut aus dem riesigen Maischebehälter mit grossen Holzkellen auf das Torkelbett. Wobei schon viel gedruckter Traubensaft abfliessen musste, hatte doch das Gewicht der Trauben selbst die untersten Früchte im Maischefass bereits gepresst.
Trauben in die Bütte gekippt
Danach wurden die Trauben sorgfältig auf dem Bett des Torkels verteilt, wurde die Bütte gekippt, um noch den Rest ausschöpfen zu können, und wurden auch dieser Rest in auf dem Rücken tragbaren Butten von den Druckmännern noch auf das Traubengut geleert.
Dicht an dicht gedrängt verfolgten die Zuschauer die Aktion. Kein Mäuschen hätte mehr Platz zwischen den vielen Neugierigen gehabt. Alle Arbeitsschritte wurden fachkundig vom Bernecker Original Felix Indermaur und dem aus dem Fernsehen wohlbekannten Moderator Victor Rohner kurzweilig kommentiert.
Regelmässig in Betrieb
So erfuhren die Anwesenden, dass der alte Torkelbaum aus dem Jahr 1682 stammt und sich seit 1955 in Berneck und seit 1975 im Torkelgebäude neben dem Heimatmuseum befindet. Dass er zuvor bis 1930 wohl regelmässig im Betrieb war. Dass der Baum einen Druck von 27 Tonnen auf das Pressgut ausüben kann. Und dass es früher in Berneck bis zum grossen Dorfbrand rund siebzig hölzerne Torkelpressen gegeben hat.
Es wurde fachmännisch kommentiert, wie die Torkelmannschaft zunächst zwei Stäbe auf das Weingut legte, damit die folgenden Bretter auch gerade liegen würden. Was bestens funktionierte, denn schliesslich waren zwei Torkelmeister und zwei Torkelmeisteraspiranten vor Ort. Da konnte ja gar nichts mehr schiefgehen. Da musste das «dreidimensionale Puzzle», wie es Felix Indermaur nannte, einfach passen.
Spektakuläres Drucken
Nachdem das Traubengut so richtig mit Brettern, die alle jeweils einen eigenen, sich dem Berichterstatter nicht erschliessenden Fachausdruck, wie Esel, Ross und anderes haben, eingeschlossen war, konnte das eigentliche, spektakuläre Drucken beginnen. Dazu wurde von zwei kräftigen jungen Männern über einen Hebel die riesige Spindel am Kopfende des Baumstammes gedreht.
Video: Ulrike Huber
Das Kommando dazu lautete «Baum auf». Und tatsächlich bewegte sich dieser riesige Eichenstamm. Unter gequältem Ächzen und Stöhnen. Es klopfte und tätschte im alten Holz. Dann, nachdem ein Querbalken, der den Stamm im Lot gehalten hatte, entfernt worden war, begann das eigentliche Pressen.
Faszinierendes Schauspiel
Dafür wurde die Spindel in die andere Richtung gedreht und damit der Baum wieder heruntergelassen, sodass er sich mit seinem ganzen Hebel und Gewicht auf das Traubengut senkte und auch noch die letzten Tropfen aus den Früchten presste. Ein faszinierendes Schauspiel, das die Bernecker Torkelmannschaft da geboten hatte.
Am Ausgang des Torkels erhielt dann jederfrau und jedermann einen Becher, gefüllt mit dem gerade gepressten Traubensaft zur Verkostung. Ein bereits stark angegorener Suser. Wie gehts es jetzt weiter? Der gesamte Saft wird beim Weingut Maienhalde in Barriquefässer abgefüllt. Und voraussichtlich im Frühjahr oder Frühsommer des Jahres 2024 wird der Verein VINUM dann das «Aatrinkete» veranstalten, bei dem der sicherlich hervorragend werdende Wein verkostet werden kann.