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St. Margrethen
25.08.2022
26.08.2022 16:18 Uhr

Rüttimann-Rücktritt: Gründe bleiben diffus

Bild: Ulrike Huber
Petra Rüttimann ist überraschend aus dem St.Margrether Gemeinderat zurückgetreten. Die Begründung lässt Raum für Spekulationen. Rüttimann will auch auf Nachfrage die Gründe nicht weiter präzisieren. Und wer bringt sich als Nachfolgerin oder Nachfolger in die Startpflöcke? Wir haben bei den Parteien nachgefragt.

Petra Rüttimann tritt per 15. September aus dem Gemeinderat in St.Margrethen zurück. In der offiziellen Medienmitteilung des Gemeinderats begründet die Parteilose ihren für die Wähler überraschenden Rücktritt, dass im aktuellen Teilmilizsystem ein Informations-, Kompetenz- und Verantwortungsgefälle zwischen dem vollamtlichen Gemeindepräsidenten und den übrigen Mitgliedern des Gemeinderates bestehe, welches der pflichtgemässen Aufgabenerfüllung entgegenwirke. 

Das Teilmilizsystem ist ein Bestandteil des Erfolgsmodells Schweiz. Das von Petra Rüttimann angesprochene Gefälle in den diversen Geschäftsbereichen zwischen einem operativ tätigen Gemeindepräsidenten und seinen Miliz-Räten liegt wohl im Ursprung des Modells.

Rheintal24 hat bei der Zurückgetretenen u.a. nachgefragt, wie und warum sie konkret aufgrund der von ihr beschriebenen Konstellation die Aufgaben nicht erfüllen konnte. Auf Details aber wollte Petra Rüttimann nicht eingehen: «Ausser der offiziellen Mitteilung gibt es aktuell von meiner Seite her keine Stellungnahme dazu». 

Petra Rüttimann scheidet per 15. September aus dem Gemeinderat aus. Über die Details ihres frühzeitigen Abgangs schweigt sie. Bild: docsplayer.ch

Grundsätzlich ist es für eine Parteilose ohne politische Heimat nicht einfach, sich in einem Rat zu behaupten. Dass Petra Rüttimann ihren Abgang aber mit einer Konstellation begründet, die schon lange vor ihrer Wahl bekannt ist und sich nicht konkret äussert, hinterlässt natürlich ein Vakuum für Spekulationen und einen schalen Beigeschmack. 

Weder relativiert

Ebenfalls als Parteiloser im St.Margrether Gemeinderat sitzt Dominic Weder. Rheintal24 hat bei Weder nachgefragt, wie gut er sich in den Rat und in die Zusammenarbeit eingebunden fühle.

«Es wird in verschiedenen Bereichen immer ein Gefälle zwischen einem amtlichen Gemeindepräsidenten und einem Gemeinderat geben. Der Präsident ist quasi Profi, er kann sich vollberuflich einarbeiten. Gemeinderäte erledigen ihre Aufgaben in der Freizeit. Schlussendlich hat der vollamtliche Präsident immer einen Wissens- und Informationsvorsprung. Das bringt das Milizsystem mit sich», so die Sicht von Weder, der seine erste Legislatur im Gemeinderat erlebt. 

Und wenn man das nicht mehr wolle, müsse man sich auf höhere Ebene die Frage stellen, ob allenfalls das System angepasst werden müsste. Für ihn beispielsweise sei aber eine Teilzeitanstellung als Gemeinderat gar nicht mit dem Job vereinbar, erläutert Weder weiter. 

Gemeinderat Dominic Weder sieht im Teilmilizsystem kein grundsätzliches Problem. Bild: zVg

Wer übernimmt den vakanten Sitz?

Gemäss Gesetz über Wahlen und Abstimmungen muss innert 9 Monaten eine Ersatzwahl durchgeführt werden. Aktuell ist der Gemeinderat in St.Margrethen parteipolitisch wie folgt zusammengesetzt: 3 x FDP, 1 x SP und zweimal parteilos. Nicht vertreten im Rat sind die CVP und die SVP. Wir haben den Puls bei den Parteienvertretern im Dorf gefühlt. 

Hat die FDP noch Appetit?

Ob die stärkste Kraft im Dorf, die FDP, um den vakanten ins Rennen steigt, lässt Ortsparteipräsident Ralph Brühwiler aktuell noch offen: «Die Ortspartei hat am September eine Vorstandssitzung und wird dann die Ersatzwahl diskutieren».

Ähnlich tönt es bei der SP: «Der Rücktritt von Petra Rüttimann kommt doch etwas überraschend für mich. Als aktive Ortspartei wird die SP die Situation intern besprechen und sich auch Gedanken zum weiteren Vorgehen machen. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir aber noch nicht mehr dazu sagen», so das Feedback von Armin Hanselmann, Ortsparteipräsident der SP.  

FDP-Ortsparteipräsident Ralph Brühwiler: Holt sich der Architekt der FDP-Dorf-Dominanz den nächsten Sitz im Gemeinderat? Bild: PD

Chance für SVP und CVP

Wie sieht es bei der SVP und CVP aus, deren Hunger nach dem vakanten Sitz am grössten sein müsste? Gerade die SVP, die bei nationalen Abstimmungen in St.Margrethen oftmals die höchsten Werte erzielt, kommt auf kommunaler Ratsebene seit Jahren nicht auf Touren. Fehlt es der Partei im Dorf an den richtigen Köpfen? 

 

Nach Jahren der reinen Oppositionspolitik muss die SVP-Ortspartei endlich Farbe bekennen und den Wählern eine valable Option präsentieren. Bild: PD

SVP prüft Optionen

«Die SVP kämpft wie Die Mitte (CVP) ums Überleben, deshalb ist es unter diesen Umständen ambitioniert, einen Kandidaten oder eine Kandidatin zu finden. Das Amt ist anspruchsvoll, frisst viel Kapazitäten», so Fabian Herter, Parteileitungsmitglied der Ortspartei. Auf Nachfassen von rheintal24 ergänzt Herter: «Aber wir prüfen natürlich Optionen, erste Abklärungen laufen bereits».

Ob die SVP einen Kandidaten zur Wahl stellen wird und kann, könnte auch davon abhängen, ob die FDP sich einen vierten Ratssitz ergattern will. In der Vergangenheit blieben SVP-Vertreter gegen Akteure der im Dorf stark verankerten FDP ziemlich chancenlos. 

 

Majlinda Sulejmani trainiert neu die Juniorinnen des FC St.Margrethen als Co-Trainerin und würde u.a. bei einer allfälligen Wahl auch die junge Generation mit Migrationshintergrund vertreten. Bild: facebook.com

Powerfrau vor Comeback?

Seit dem Rücktritt von Bruno Zoller als Gemeinderat und Ortsparteipräsident ist es ruhig geworden um die CVP in St.Margrethen. Ortsparteipräsidentin Majlinda Sulejmani konnte den CVP-Sitz bei den letzten Gemeinderatswahlen nicht halten. Abschreiben sollte man sie deswegen aber nicht.

Die energiegeladene Lady, u.a. auch mit unternehmerischen Projekten im Gesundheitswesen selbständig unterwegs, hat durchaus noch Ambitionen in der Politik, wie sie gegenüber rheintal24 mitteilt. Aber auch sie will zuerst Gespräche führen und sich noch nicht definitiv festlegen. Sulejmani brächte etwas mit, das im Gemeinderat eines Dorfes mit beinahe 50 Prozent Ausländern aktuell definitiv fehlt - Migrationshintergrund. 

red/rheintal24