Man sieht Janik Geisser aus Kobelwies bei Oberriet die Freude beim Traktorfahren an. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht sitzt er auf den hochbeinigen Gefährten. Und mit einem glücklichen Strahlen, das tief aus seinem Inneren kommt, erzählt er alles Wissenswerte rund um seine fünf Hürlimann-Traktoren.
Die Liebe zu Traktoren
Die ersten Worte: «Brumm-brumm fahren»
«Mein Vater sagt immer, dass ich schon bevor ich gehen konnte, auf dem Traktor mitgefahren bin. Und meine liebsten Worte als Kleinkind seien «Brumm-brumm-fahren» gewesen», lacht der junge Spezialbaggerkonstrukteur und Landwirtschaftshelfer. «Natürlich habe ich mir dann schon so früh wie möglich, also mit vierzehn Jahren, die Fahrerlaubnis geholt. Was nicht schwer war, denn ich konnte schon fahren, konnte schon lange vorher auf der eigenen Liegenschaft üben.»
Als er noch als Bub die erste Klasse Primarschule besuchte, hat Janik mit seinem Vater zusammen den ältesten Hürlimann-Traktor im Besitz der Geissers restauriert. Ein Hürlimann D110, Baujahr 1970. Der dann auch eigens mit Kindersitz und Gurt ausgestattet worden sei.
Konstrukteur für Spezialbagger
Auch hauptberuflich ist Janik Geisser der Technik verbunden und arbeitet als Konstrukteur beim Spezialbaggerhersteller Menzi-Muck. Im Nebenerwerb fährt er mit seinen Traktoren in Lohnarbeit für die Landwirte im Gebiet Oberriet und Kobelwies. Wobei er hauptsächlich die beiden neuesten seiner Hürlimanntraktoren im Einsatz hat. Das sind jene Gefährte, die bereits zur Gänze nicht mehr in der Schweiz, sondern in Italien gefertigt wurden.
Kurz zur Geschichte der Traktorfirma Hürlimann. Dieses Schweizer Traditionsunternehmens, das heute zur italienischen SDF-Gruppe gehört, wurde 1929 von Hans Hürlimann in Wil gegründet. Der erste Traktor besass einen 1-Zylinder-Motor mit 8 PS. 1939 präsentierte Hürlimann eine Weltneuheit, die ihn weltweit bekannt machen sollte: den ersten Dieselmotor mit Direkteinspritzung.
Bis Mitte der 1960er-Jahre waren bereits mehr als 10'000 Schlepper verkauft. Unter den Landwirten erwarben sich die Hürlimann-Traktoren den Ruf als kleiner «Rolls Royce». Die meisten Bestandteile der Hürlimann-Traktoren wurden im eigenen Haus gefertigt.
Letzter in der Schweiz assemblierter Hürlimann
Ende der Siebziger Jahre verkauften die Erben von Hans Hürlimann an die italienische SAME-Gruppe. 1984 wird der letzte Hürlimann-Traktor, nämlich ein Grosstraktor H6160 in der Schweiz assembliert. Seither entstehen alle Maschinen dieser Marke in Italien.
«Dieser mächtige H6160 ist mein ganzer Stolz», erzählt Janik Geisser, «den haben mein Vater und ich 2017 in Neapel gekauft. Aus Erstbesitz von einem Landwirt, der in den Ruhestand getreten ist.» Mit diesem Traktor nimmt Janik Geisser immer wieder an Traktorentreffen teil. 6.8 Liter Hubraum, Reihensechszylinder, Einspritzer mit Turboaufladung, 150 PS. Ja, da tut sich was.
Da geht die Post ab
Auch beim Traktor-Pulling. Jenem Bewerb, bei denen von Traktoren Gegengewichte möglichst weit gezogen werden müssen, wobei der Widerstand immer grösser wird. «Da geht einfach die Post ab! Das ist einfach ein Erlebnis», so der begeisterte Traktorfahrer, «bei den alten Traktoren braucht es fahrerisches Geschick, das muss man regeln können. Diese Bewerbe an Traktorentreffen sind reine Plauschbewerbe, dort geht es nur um Ruhm und Ehre.»
Zur Zeit des Interviews steht gerade das Treffen der Traktorfreunde im Vorarlbergischen Thüringen bevor. Samt Traktorpulling. «Das ist eines der besten Fantreffen überhaupt. Mit Fackelumzug am Abend, grosser Festwirtschaft und Ochsenbraterei. Da kommen jeweils über 200 Traktor-Oldtimer, Baujahr 1990 und älter.»
Fahrkomfort bedeutend besser
Für die Lohnarbeit für benachbarte Landwirte oder für die Tätigkeit in der Kürbiszucht seiner Eltern verwendet Janik Geisser hauptsächlich die zwei neuen, in Italien gefertigten Hürlimanns. «Der Fahrkomfort der Neuen ist bedeutend besser, sie sind auch viel wendiger und weniger klobig als der H-6160. Aber mit dieser grossen Maschine ist es ein einfach ein Erlebnis, wenn man die Traktorleistung förmlich hören kann. Faszinierend, wie der Turbo pfeift und der Saft in den Zylindern lautstark verbrannt wird.»
Bei der Begeisterung des jungen Konstrukteurs für seine Hürlimann-Traktoren fragt man sich, ob er denn auch noch andere Hobbys habe? Janik Geisser antwortet mit einem klaren «Nein». Und ist mit seinem Leben absolut zufrieden. Dann auf die Frage, wie er sich eine glückliche Zukunft vorstelle, antwortet er: «Ich werde den landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb meiner Eltern übernehmen. Sonst soll alles so bleiben, wie es gerade ist.»
Es hat gleich gefunkt
Was sicher auch an Freundin Ursina liegt, die er zwar erst vor sechs Monaten kennengelernt hat, und die ihn dabei gleich einmal mit Corona angesteckt hat. «Zwischen uns hat es gleich gefunkt.» Aussergewöhnlich: auch Ursina liebt das Fahren mit dem Traktor. Die Floristin hat sich von Anfang an bei den Besuchen auf dem Hof der Geissers wohl gefühlt, hat sich gleich an den Stallarbeiten für die zehn schottischen Hochlandrinder beteiligt.
Und als ob es schon im Vorhinein verabredet worden sei, fahren die beiden Jungverliebten jeweils einen Subaru. Wobei der Impreza WRX STI, Baujahr 2011, 300 PS, der von Janik Geisser gelenkt wird, auch ein Liebhaberfahrzeug ist. Wie sollte es bei diesem jungen Mann auch anders sein?