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Vorarlberg
16.06.2022

Schüler in Bergnot - Internet-Blogger und Lehrer angezeigt?

Die Schüler und Lehrer mussten mit dem Helikopter vom schmalen Heuberggrat gerettet werden
Die Schüler und Lehrer mussten mit dem Helikopter vom schmalen Heuberggrat gerettet werden Bild: Polizeiinspektion Kleinwalsertal
Nach der dramatischen Bergung von 99 Schülern und acht Lehrpersonen aus der Bergnot stehen Anzeigen gegen den Blogger, der die Tour als «Feierabendrunde» bezeichnete, und einen Sportlehrer im Raum.

Der Fall sorgte für internationale Schlagzeilen: Eine Gruppe von 99 Schülern und acht Lehrern musste Anfang Juni im Kleinwalsertal mit Hubschraubern aus Bergnot gerettet werden. Die Lehrer hatten im Internet eine Wanderroute ausgewählt, die ein Blogger auf der Bergwanderer-Webseite Hikr.org als «klassische Feierabendrunde» beschrieben hatte. «Schwierig ist hier nichts», schrieb der User zu der Tour über den schmalen Heuberggrat.

Schlecht ausgerüstet

Wie rheintal24 bereits berichtet hatte, gestaltete sich diese Bergtour schwieriger als von den Lehrern erwartet: Die Jugendgruppe, die teils schlecht ausgerüstet mit nicht ausreichender Bekleidung und Schuhwerk unterwegs war, kam schliesslich auf dem regennassen Grat nicht mehr weiter, zwei Schüler rutschten ab - die Bergrettung musste zu Hilfe eilen. Insgesamt 70 Personen wurden mit zwei Hubschraubern mittels Taubergung und Evakuierungsset geborgen, die anderen stiegen von der Bergrettung begleitet ab.

Der Internet-Blogger soll jetzt für seine Aussage belangt werden. Er wurde von der Polizei wegen grober Fahrlässigkeit angezeigt, wie diese gegenüber vol.at bestätigt habe. Auf den weiteren Verlauf habe man keinen Einfluss, die Staatsanwaltschaft Feldkirch prüfe nun die Anzeige.

Nicht blind auf Berichte verlassen

Bei dem angezeigten Internet-Blogger scheint es sich um einen erfahrenen Tourengeher zu handeln, der User verfasste bereits 290 Tourenberichte auf der Bergwanderer-Webseite. Er selbst merkt auf seinem Profil an, man möge sich nicht blind auf seine Berichte verlassen, sondern sich gut auf die entsprechende Tour vorbereiten und die Situation vor Ort kritisch prüfen.

Die Tour über den Heuberggrat ist auf der Homepage mit «T4 - Alpinwandern» gekennzeichnet, die Beschreibung dazu lautet: «Wegspur nicht zwingend vorhanden. An gewissen Stellen braucht es die Hände zum Vorwärtskommen. Falls markiert: weiss-blau-weiss. Gelände bereits recht exponiert, heikle Grashalden, Schrofen, einfache Firnfelder und apere Gletscherpassagen. Vertrautheit mit exponiertem Gelände. Anforderungen: Stabile Trekkingschuhe. Gewisse Geländebeurteilung und gutes Orientierungsvermögen. Alpine Erfahrung. Bei Wettersturz kann ein Rückzug schwierig werden.»

Anzeige auch gegen Sportlehrer?

Die komplette Sachverhaltsdarstellung ist nun an die Staatsanwaltschaft Feldkirch übermittelt worden. Wie Polizeisprecher Rainer Fitz den VN am Dienstag gegenüber den VN erklärte, stehe darin auch ein Verstoss nach Paragraph 89 StGB – Gefährdung der körperlichen Sicherheit - durch den Sportlehrer, der die Routenwahl anhand der Vorgaben aus dem Internet getroffen hatte, im Raum. Die Staatsanwalt Feldkirch muss nun erwägen, ob es zu einer diesbezüglichen Anklage gegen den Lehrer kommt. «Gefährdung der körperlichen Sicherheit» ist nach dem österreichischen Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu ahnden.

 

rheintal24/gmh/uh