Schon seit zwei Jahren ist Ricardo Döringer Dirigent bei der MG Montlingen. Damals, nach dem tragischen und unerwarteten Ableben des damaligen musikalischen Leiters Matthias Beno, hatten sich die Montlinger Blasmusiker nach einem neuen Taktstockführer umsehen müssen. Und mit Ricardo Döringer offensichtlich wieder einen Goldgriff gemacht. Denn sein erstes Konzert, das samstägliche Adventskonzert in der MZH Montlingen war ein gelungener, ein wunderbarer Abend.
Musikalische Schlittenfahrt in Richtung Weihnachten
Stürmisch geforderte dritte Zugabe
Absolut verblüffend, auf welch hohem Niveau die Montlinger wieder ins Konzertgeschehen zurückkehrten. Was sich schon beim ersten Stück, das gleichzeitig dann als vom Publikum stürmisch geforderte dritte Zugabe gespielt wurde, zeigte. Die vom niederländischen Komponist Jacob de Haan geschriebene «Queenspark Melody» betonte die Stärken des Klangkörpers und ihres neuen Taktgebers.
Da war von Anfang an jede Note und jeder Ton am richtigen Ort. Da wurde Blasmusik mit grossem Gefühl für kleine Nuancen gespielt. Ob Tubas, Flöten, Klarinetten, Schlagzeuge oder Trompeten, jedes Register fügte sich bravourös in das Ensemble ein. Die Interpretation dieser Komposition, die einen atmosphärenreichen, vielbesuchten Stadtpark im Frühling beschreibt, gelang sehr gut. Swingend, mit einem verblüffenden, unverkennbaren Einfluss des Barockstils.
Viel Geduld und Mithilfe
Obwohl die Proben nicht einfach gewesen seien, wie Präsidentin Irene Loher in ihrer Begrüssungsrede erzählte. Corona hat gerade bei der Blasmusik zu einem langen Lockdown geführt. Doch mit viel Geduld und der Mithilfe der Musikanten und des neuen Dirigenten habe man es zu diesem Adventskonzert geschafft.
Ja, dieses Konzert erinnerte an eine winterliche Schlittenfahrt, ausgehend vom Queenspark und in Form einer Zugabe wieder zu diesem zurückkehrend. Zwischen den einzelnen Stücken lasen Jana Gächter, Lenja Herrsch und Valeria Stieger aus einer Weihnachtsgeschichte vor. Das Konzert wurde von liebevoller Dekoration umrahmt. Weisse Hirschtiere mit silbernem Geweih, festlich verpackte Geschenke, ein geschmackvoll geschmückter Weihnachtsbaum, Lichterketten und Christbaumkugeln verbreiteten festliche Stimmung. Und trugen zur Heiterkeit bei, als im Laufe des Konzerts die eine oder andere Christbaumkugel der Schwerkraft folgend zu Boden fiel.
Rotes Weihnachtsmannkostüm
Die Schlittenfahrt führte auch zum alle Jahre wiederkehrenden X-mas-Evergreen «All I want for Christmas» von Mariah Carey. Schmissig, rhythmisch, gut. Vor seinem geistigen Auge konnte man Mariah Carey in dem dazu schon 1994 produzierten Video sehen, wie sie in ihrem roten Weihnachtsmannkostüm mit weissem Pelzbesatzkragen im Schnee herumtollt.
Hervorzuheben ist auch die gelungene Interpretation von «Gabriellas Song» des Schweden Stefan Nilsson. «Gabriella's Song» ist das Lied von Gabriella, einer Dorfmitbewohnerin, die im Chor Zuflucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann sucht. Bei einem Auftritt im Dorf, den auch ihr Mann besucht, singt sie sich mit diesem berührenden und kraftvollen Lied über Freiheit, Selbstbestimmung und Lebensglück von ihm frei. Ein Musikstück voller Kraft und Sehnsucht. Was im Arrangement von Mario Bürki besonders gut zum Tragen kam. Ausgezeichnet das Solo Stefan Rechsteiner auf seinem Saxophon, das in seiner herzzerreissenden Traurigkeit den Inhalt der Komposition kongenial widerspiegelte.
Schmerz, Freude und Kitsch
«Christmas Carillon», ein Werk von James Curnow, war dann das genaue Gegenteil. Dieses Stück wäre die passende Filmmusik zu einem der derzeit auf Netflix präsentierten US-Christmas-Rührstück-Filmchen. Schmerz, Freude und Kitsch mit einem Übermass an bunt glänzendem X-Mas-Schmuck. Denn genau so hörte sich diese Komposition an. Kitschig, aber dennoch schön. Und von den Montlingern wohl genau so gut gespielt wie von einem Hollywood-Film-Orchester.
Als Zugaben wurden das derzeit bei jedem Adventskonzert wohl absolut unvermeidliche «Halleluja» von Leonard Cohen sowie der ewige Bing-Crosby-Klassiker «White Christmas» gespielt. Wie nach stürmischer Forderung der Zuhörer im gut besetzten Saal der MZH Montlingen, die unter 3G-Bedingungen und mit Maske den weihnachtlichen Klängen gelauscht hatten, dann auch noch das Eingangsstück «Queenspark Melody».
Es ist vollbracht!
Dirigent Ricardo Döringer war mit seiner Premiere und der dabei gebotenen Leistung des Blasorchesters sichtlich zufrieden. «Es ist vollbracht! Zwei Jahre komplette Pause, das gibt es nicht oft. Deshalb freue ich mich für die Musiker ganz besonders. Es war eine zähe Zeit, eine besondere Zeit. Diese Zeit hat aber auch die Qualität gezeigt, die in den Musikern steckt. Denn wir sind gemeinsam durch dick und dünn gegangen.»